Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
INTERVIEW BUDNIKOWSKY
Berlin - Mit der
Drogeriekette Budnikowsky hat der Unternehmer Jens Apermann das
Franchise-Konzept „Budni-Partner-Apotheken" entwickelt. Bislang nur
durch eine Hamburger Apotheke vertreten, wollen Apermann und Budni die
Mauer zwischen Drogeriemarkt und Apotheke langfristig abbauen. Mit
APOTHEKE ADHOC sprach Apermann über den Wert von Dachmarken,
Beratungsqualität und den Graumarkthandel mit apothekenexklusiven
Produkten.
ADHOC: Wozu brauchen Apotheken eine Marke?
APERMANN: Eine Marke brauchen Sie, um sich von der benachbarten Apotheke
zu unterscheiden. In Wirklichkeit hat jede Apotheke jetzt schon eine
Marke, ob sie das will oder nicht, ob sie das aktiv oder passiv
betreibt. Nur heißt die Marke eben Kastanien-Apotheke oder
Tulpen-Apotheke oder Adler-Apotheke. Für den Verbraucher ist das keine
echte Differenzierung. Der Verbraucher orientiert sich momentan rein an
Lageaspekten, sowohl von der geographischen als auch von der
menschlichen Nähe. Das ist auch gut und richtig so. Wenn ich aber
versuche, neue Kunden zu akquirieren, dann brauche ich natürlich
werbliche Aktivitäten. Und wenn die gestützt sind auf eine bekannte,
vertrauenswürdige Marke wie Budnikowsky, können solche Aktivitäten der
einzelnen Apotheke eine Differenzierung im Wettbewerb ermöglichen.
ADHOC: Schadet die Drogeriemarke der Apotheke nicht?
APERMANN: Es gibt Apotheker, die so denken. Man dachte eigentlich immer,
Pharmazie oder wirkliche Professionalität seien nur in Apotheken zu
finden. Das ist aus Sicht der Apotheke durchaus nachvollziehbar, mit
Blick auf die Ausbildung und die Anforderungen an den Betrieb einer
Apotheke. Da geht es in der Drogerie durchaus anders zu. Aber aus Sicht
des Verbrauchers ist nicht alles in Drogerien von schlechter Qualität.
Er kauft dort, wo er sich vernünftig behandelt und als Verbraucher ernst
genommen fühlt. Hier würde ich gern die klassische Feindschaft zwischen
Drogerie und Apotheke abbauen, hin zu einer Kooperation. Wenn man Hand
in Hand dem Verbraucher gegenüber tritt, kann diejenige Partei das umso
besser machen, was naturgemäß ihrem Geschäft entspricht: Die Apotheke
kann eine etwas bessere Apotheke werden, die Drogerie kann eine etwas
bessere Drogerie werden.
ADHOC: Reißen Sie eine Mauer ein?
APERMANN: Die Mauer zwischen Budni und Apotheke wird abgebaut; ob wir
sie einreißen können oder wollen, weiß ich nicht. Wir können sie
ziemlich sicher nicht einreißen, das ist Sache des Gesetzgebers. Aber
wir wollen sie abbauen. Wir wollen, dass aus der Mauer eine Schwelle
wird und dass diese Schwelle auch im Jahr 2010 noch die Apotheke und den
Budni-Markt trennt, aber gerne unter einem Dach.
ADHOC: Warum sollen Apotheken sich auf Budni einlassen?
APERMANN: Der Weg von Budnikowsky ist es, in Kooperation mit den
Partnerapotheken den Markt gemeinsam zu erschließen. Das bedeutet
natürlich, dass es gewisse Überschneidungen gibt: Das eine oder andere
freiverkäufliche Präparat kann man im Moment sowohl in der Apotheke als
auch bei Budnikowsky kaufen. Die Zusage an den Budni-Partnerapotheker
ist, dass er in seiner Region entscheidet, ob es die apothekenüblichen
freiverkäuflichen Präparate auch im Budnikowsky geben soll. Wenn er das
nicht möchte, verschwinden sie auch wieder aus dem Budni-Regal, und der
Apotheker hat seine Verkaufskompetenz wieder allein.
ADHOC: Das klingt nach Erpressung.
APERMANN: Nein, das ist keine Erpressung, das ist normales
Geschäftsgebaren innerhalb der vertrieblichen Interessen. Viele
Hersteller postulieren ja auf der einen Seite, dass sie ihre Produkte
eigentlich nicht im Drogeriemarkt sehen wollen. Auf der anderen Seite
sind sie natürlich sehr neugierig und sehr gespannt darauf, ob sie als
Hersteller nicht doch Vorteile davon haben. In den letzten Monaten - ich
glaube es sind mittlerweile schon Jahre - sehen wir eine Entwicklung:
Ein Hersteller wie Beiersdorf, dessen Eucerin-Präparate auch bei
Budnikowsky erhältlich sind, verkauft dadurch nicht weniger sondern
mehr, und das nicht zu einem schlechteren Preis, sondern zu einem gleich
bleibenden Preis. Mit anderen Worten: Der Einstieg in einen Markt - und
Budnikowsky ist nicht Massmarket, sondern durchaus qualifiziert für
solche Produkte - ist nicht zum Nachteil des Herstellers. Er muss aber
eine politische Entscheidung auf Basis wirtschaftlicher Daten fällen;
und die werden im Moment gesammelt. Die sammeln die Hersteller und die
sammeln wir. Und am Ende soll derjenige die Produkte verkaufen, der es
am besten kann.
ADHOC: Spielen die Hersteller mit?
APERMANN: Die Hersteller sind nicht einheitlich. Es gibt Hersteller, die
nach außen sehr aggressiv vorgehen und dies in der täglichen Arbeit
auch umsetzen. Das Gros der Hersteller macht, was politisch notwendig
ist: Man beschwichtigt seine bisherigen Vertriebspartner, man versucht,
sie zu beruhigen. Andererseits beobachten sie das Geschehen am Markt
eher, als dass sie großartig steuernd eingreifen - weil sie so viele
Steuerungsmöglichkeiten auch gar nicht haben.
ADHOC: Wackelt die Apothekenexklusivität?
APERMANN: Rechtlich gesehen gibt es die jetzt schon nicht. Die
apothekenexklusiven Präparate sind entstanden aus einer bestimmten
Vertriebspolitik der Hersteller. Aber wenn sich die Vertriebspolitik
ändert, fällt dieser Begriff insgesamt. Rechtlich gesehen gibt es ihn,
wie gesagt, ohnehin nicht.
ADHOC: Was ist das Ziel für Budni-Apotheken?
APERMANN: Wir müssen die richtigen Apotheker finden, mit denen wir
wirklich auch kooperieren können und wollen. Und wir müssen die
richtigen Standorte für solche Kooperationen finden. Beide Faktoren kann
man sicherlich durch eine gewisse Aktivität und Eile beeinflussen. Aber
letztendlich müssen sie sich evolutionär entwickeln und deswegen sind
Prognosen sehr schwierig. Ich bin zufrieden, wenn wir in diesem Jahr
noch ein oder zwei Partnerapotheken mit in das System hinein nehmen und
wenn wir intensivieren können, was wir bisher gelernt haben.
Alexander Müller, Dienstag, 04. Mai 2010, 08:56 Uhr
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