• 23.04.2010 - Ex-Apotheker zeigt Europa Apotheek an

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VERSANDAPOTHEKEN

Ex-Apotheker zeigt Europa Apotheek an

 

Berlin  -  Gerade gab es Mängelrügen von Stiftung Warentest, schon steht die Europa Apotheek Venlo vor neuen, diesmal deutlich größeren Schwierigkeiten: Ein Apotheker, der bis vor kurzem bei der niederländischen Versandapotheke für die Einhaltung der Rechtsvorschriften zuständig war, hat seinen ehemaligen Arbeitgeber bei den Gesundheitsbehörden angezeigt. Zu den aus seiner Sicht gravierenden Verstößen gegen Gesetze und Berufsvorschriften hat er belastendes Material mitgeliefert. Während die Prüfung anläuft, versucht man bei der Europa Apotheek zu beschwichtigen.

Apotheker klagt an: Bei der Europa Apotheek Venlo soll es 
gravierende Mängel geben. Foto: Elke Hinkelbein

Apotheker klagt an: Bei der Europa Apotheek Venlo soll es gravierende Mängel geben. Foto: Elke Hinkelbein

Vor zwei Wochen ging die Anzeige bei der für Apotheken verantwortlichen Aufsichtsbehörde ein. Der Bericht des Apothekers, der im Sommer vergangenen Jahres bei der Europa Apotheek eingestellt und mittlerweile gekündigt wurde, umfasst mehr als 40 Kritikpunkte - von Verstößen gegen pharmazeutischer Gesetze bis hin zur Internetwerbung.

Laut Beschuldigungsschreiben werden in Venlo wichtige pharmazeutische Bestimmungen nicht eingehalten, zum Beispiel was die Archivierung der Rezepte, die Lagerung der Medikamente oder die vorgeschriebene Angabe von Dosierungen auf den Packungen angeht. Zudem soll es bei der für niederländische Kunden obligatorischen elektronischen Patientenakte Lücken geben. Ebenso bei der Anwesenheit und der Qualifikation der führenden Apotheker.

Auch bei den beruflichen Standards der niederländischen Apotheken-Norm (Nederlandse Apotheek Norm) werden Defizite geschildert, zum Beispiel bei der Endkontrolle der Rezepte durch Apotheker, der Prüfung auf Dosierung und Wechselwirkungen oder speziellen Kontrollen bei bestimmten Patientengruppen. Schließlich werden eine Reihe Verstöße gegen nicht-pharmazeutische Gesetze gerügt, etwa bei der Müllsammlung, den Arbeitsschutzbedingungen oder dem Onlineauftritt.

Die Behörde bestätigte den Eingang der Beschwerde und will in den kommenden Monaten das umfangreiche Material prüfen und dann über das weitere Vorgehen entscheiden. Bei der Europa Apotheek sieht man die Schuld für eventuelle Rechtsabweichungen nicht bei sich: Es gebe eine ganze Reihe sich widersprechender Bestimmungen in den deutschen und niederländischen Vorschriften, sagte Firmengründer Klaus Gritschneder gegenüber APOTHEKE ADHOC.

zoom Widersprüchliche Regeln: Klaus Gritschneder sieht sich mit der 
Europa Apotheek zwischen den Stühlen. Foto: Elke Hinkelbein

Widersprüchliche Regeln: Klaus Gritschneder sieht sich mit der Europa Apotheek zwischen den Stühlen. Foto: Elke Hinkelbein

So müssten gemäß den Bestimmungen am Firmensitz die Papierrezepte eigentlich in der Apotheke archiviert statt zur Abrechnung an die deutschen Krankenkassen geschickt werden. Außerdem könnten Angaben zur Dosierung nicht wie vorgeschrieben auf die Packungen aufgebracht werden, wenn diese nicht auf dem Rezept vermerkt seien. Ähnlich sehe es bei der Indikation aus. Man stehe in Verhandlungen mit den Behörden.

Die Entschuldigungen hatte der Apotheker nicht gelten lassen, zumal für Versender die gesetzlichen Bestimmungen vor Ort gelten. „Es gibt keine Rechtfertigung dafür, dass eine niederländische Versandapotheke die niederländischen Regelungen ignoriert", so der Pharmazeut, der namentlich nicht genannt werden will, gegenüber APOTHEKE ADHOC. Der neue Mehrheitsaktionär, der US-Konzern Medco, habe auf die Missstände bislang nicht reagiert.

Auch an einen Dialog der Europa Apotheek mit den Behörden glaubt er nicht, zumal die Vorschriften bereits seit Jahren ignoriert würden. Aus seiner Sicht verstoßen auch andere niederländische Versandapotheken mit deutschen Eigentümern wie DocMorris und Vitalsana gegen geltende Vorschriften. Aus diesem Grund hat der Apotheker auch sie bei der Behörde angezeigt.

Wie auch immer der Fall ausgehen wird, für die Europa Apotheek steht viel auf dem Spiel. Ungefähr die Hälfte ihres Umsatzes von zuletzt rund 160 Millionen Euro soll die Versandapotheke mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln machen - nicht zuletzt dank Verträgen mit Kooperationspartnern wie der KKH-Allianz, verschiedenen BKKen und dank Pick-up bei dm.

Patrick Hollstein, Freitag, 23. April 2010, 10:54 Uhr


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