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SICHERHEIT | Medienspiegel & Presse |
Die Mobilität im Alter gerät zunehmend in den Fokus, da Sehvermögen, Reaktionsgeschwindigkeit und kognitive Fähigkeiten nachlassen. In Deutschland gibt es keine verpflichtenden Gesundheitsprüfungen für ältere Autofahrer – eine Entscheidung, die immer wieder zur Diskussion steht. Welche Risiken das birgt und wie man die Balance zwischen Sicherheit und Selbstständigkeit finden kann, ist eine Frage, die nicht nur Senioren betrifft.
Mit zunehmendem Alter nehmen bestimmte Fähigkeiten ab, die für das sichere Führen eines Fahrzeugs erforderlich sind. Sehvermögen, Hörvermögen, Reaktionsfähigkeit und Konzentration lassen nach, und Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder neurologische Störungen können das Unfallrisiko deutlich erhöhen. Dennoch gibt es in Deutschland keine gesetzliche Verpflichtung zu regelmäßigen Gesundheitschecks oder Fahrtests für ältere Menschen. Die Verantwortung liegt bei den Fahrern selbst, ihre Fahrtüchtigkeit zu überprüfen – eine Regelung, die sowohl Chancen als auch Risiken birgt.
Im Zuge der Reform der EU-Führerscheinrichtlinie wurde Anfang 2024 darüber diskutiert, verpflichtende Gesundheitschecks für Menschen ab 70 Jahren einzuführen. Diese Maßnahme wurde jedoch nicht umgesetzt, da das Europäische Parlament entschied, dass die Mitgliedstaaten in dieser Frage selbst entscheiden dürfen. In Deutschland bleibt somit das Prinzip der Eigenverantwortung bestehen. Doch wie sinnvoll ist es, ältere Fahrer selbst einschätzen zu lassen, ob sie noch in der Lage sind, ein Fahrzeug sicher zu führen?
Aktuelle Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass Senioren zwar seltener in Verkehrsunfälle verwickelt sind als jüngere Menschen, jedoch häufiger die Hauptschuld tragen, wenn sie in Unfälle verwickelt sind. Besonders besorgniserregend ist, dass Fahrer ab 75 Jahren in drei Vierteln der Fälle die Hauptverantwortung tragen. Dies deutet darauf hin, dass viele ältere Menschen ihre eigenen Fähigkeiten möglicherweise überschätzen oder altersbedingte Einschränkungen nicht richtig erkennen.
Die sensorischen und kognitiven Fähigkeiten, die für das sichere Autofahren erforderlich sind, verschlechtern sich mit zunehmendem Alter. Sehschärfe, Dämmerungssehen, peripheres Sehen und Farbsehen nehmen ab. Krankheiten wie Katarakt (Grauer Star), Glaukom (Grüner Star) und altersbedingte Makuladegeneration (AMD) verschlechtern die Sehleistung erheblich. Katarakte betreffen fast jeden Zweiten über 75 und verdoppeln das Unfallrisiko. Auch das Hörvermögen leidet im Alter, was die Wahrnehmung akustischer Warnsignale im Verkehr erschwert. Studien zeigen, dass bis zu 90 Prozent der Menschen über 80 Jahren an Schwerhörigkeit leiden.
Neben den sensorischen Beeinträchtigungen spielen auch kognitive Einschränkungen eine zentrale Rolle. Reaktionszeit, Aufmerksamkeit und die Fähigkeit, mehrere Reize gleichzeitig zu verarbeiten, verschlechtern sich mit dem Alter. Neurologische Erkrankungen wie Parkinson, Demenz und Schlaganfall beeinträchtigen sowohl die motorischen als auch die kognitiven Fähigkeiten und erhöhen damit das Unfallrisiko. Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Herzinsuffizienz können plötzlich zu Bewusstseinsverlust und Unfällen führen.
Trotz dieser Risiken wird in Deutschland weiterhin auf Freiwilligkeit gesetzt. Viele ältere Menschen verzichten bereits selbst auf das Autofahren, wenn sie sich unsicher fühlen. Laut einer aktuellen Befragung fahren nur noch 30 Prozent der über 80-Jährigen regelmäßig Auto. Doch Eigenverantwortung funktioniert nur dann, wenn sie mit einem realistischen Selbstbild einhergeht – und hier setzt Kritik an. Sind ältere Menschen wirklich in der Lage, ihre Einschränkungen objektiv einzuschätzen? Oft spielen emotionale Faktoren eine Rolle, da Mobilität für viele Menschen auch im Alter eng mit Freiheit und Unabhängigkeit verbunden ist.
Die medizinische Forschung empfiehlt regelmäßige Seh- und Hörtests für Senioren, um Einschränkungen frühzeitig zu erkennen. Ärzte und Angehörige sollten ältere Menschen ermutigen, ihre Fahrtüchtigkeit regelmäßig überprüfen zu lassen. Hausärzte können hierbei eine zentrale Rolle spielen, indem sie Patienten über Risiken aufklären und gegebenenfalls weitere Untersuchungen anordnen. Institutionen wie der ADAC, der TÜV oder die DEKRA bieten spezielle Fahrtrainings und Überprüfungen der Fahrkompetenz an, die ebenfalls eine wertvolle Unterstützung darstellen.
Darüber hinaus bieten moderne Fahrzeuge Assistenzsysteme, die älteren Fahrern helfen können, sicherer unterwegs zu sein. Rückfahrkameras, Toter-Winkel-Assistenten und automatische Notbremsfunktionen können das Fahren erleichtern und das Unfallrisiko senken. Für viele ältere Menschen ist es jedoch eine schwierige Entscheidung, den Führerschein abzugeben – vor allem, wenn alternative Mobilitätsformen wie der öffentliche Nahverkehr oder Fahrdienste nur eingeschränkt verfügbar sind.
Die Balance zwischen Sicherheit und individueller Mobilität bleibt eine Herausforderung. In Ländern wie Großbritannien oder den Niederlanden gibt es bereits verpflichtende Fahrtests ab einem bestimmten Alter. Ob ein ähnliches Modell in Deutschland eingeführt werden sollte, bleibt weiterhin umstritten.
Die Debatte über die Einführung verpflichtender Gesundheitschecks für ältere Autofahrer polarisiert. Auf der einen Seite steht das Recht auf individuelle Freiheit, das im Alter immer wichtiger wird. Die Möglichkeit, sich selbstständig fortzubewegen, bedeutet für viele Senioren Autonomie und Unabhängigkeit. Auf der anderen Seite steht die Frage der Sicherheit – nicht nur die eigene, sondern auch die der anderen Verkehrsteilnehmer.
In Deutschland wird auf die Eigenverantwortung der Fahrer gesetzt, unabhängig vom Alter. Doch gerade im höheren Alter stellt sich die Frage, ob diese Selbstverantwortung ausreicht. Studien zeigen, dass viele Senioren ihre eigenen Einschränkungen nicht rechtzeitig erkennen oder diese aus emotionalen Gründen verdrängen. Der Verlust der Fahreignung ist oft mit einem Gefühl des Kontrollverlustes verbunden – ein schmerzlicher Einschnitt in die Selbstständigkeit.
Das Argument der Eigenverantwortung steht daher auf wackeligen Füßen. Angesichts der zunehmenden Unfallzahlen und der hohen Verantwortung, die ältere Fahrer in Unfallfällen tragen, wäre eine verpflichtende Überprüfung der Fahreignung ab einem bestimmten Alter eine sinnvolle Maßnahme. Dies muss jedoch mit Feingefühl geschehen. Gesundheitschecks sollten nicht als Strafe oder Zwang empfunden werden, sondern als präventive Maßnahme zur Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr. Regelmäßige Seh- und Hörtests sowie Fahrtrainings können dazu beitragen, die Mobilität von Senioren länger zu erhalten und gleichzeitig das Unfallrisiko zu senken.
Die Einführung verpflichtender Gesundheitsprüfungen wäre kein Eingriff in die persönliche Freiheit, sondern eine notwendige Maßnahme zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit. In einer alternden Gesellschaft müssen wir uns der Tatsache stellen, dass Mobilität im Alter nicht nur ein persönliches, sondern auch ein gesellschaftliches Thema ist. Eine Reform der bisherigen Regelungen könnte dabei helfen, das Gleichgewicht zwischen Freiheit und Verantwortung besser zu wahren.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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