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Steuer & Recht |
In einem wegweisenden Urteil hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) am 12. April 2024 eine bedeutende Entscheidung getroffen, die den Versicherungsschutz bei Wegeunfällen betrifft. Das Urteil, das nun in einer Pressemitteilung vom 3. Juni 2024 veröffentlicht wurde, behandelt einen spezifischen Fall, der eine bisher umstrittene Frage im Zusammenhang mit dem Versicherungsschutz auf Arbeitswegen aufwirft.
Ein Mann, der auf dem Heimweg von der Arbeit einen schweren Verkehrsunfall erlitt, hatte gegen die Ablehnung seines Unfallversicherungsschutzes durch die Berufsgenossenschaft (BG) geklagt. Der Mann war mit seinem Pkw unterwegs, als er auf die Gegenfahrbahn geriet und frontal mit einem Lastkraftwagen kollidierte, was zu schweren Verletzungen führte. Bei der medizinischen Erstversorgung wurde eine Hypoglykämie (Unterzuckerung) festgestellt.
Die BG argumentierte, dass der Unfall nicht als Wegeunfall anzuerkennen sei, da der Mann sich zum Zeitpunkt des Vorfalls 4 km über seinen Wohnort hinaus befand. Sowohl seine Wohnung als auch sein Arbeitsplatz lagen in entgegengesetzter Richtung, was den Unfall auf einen als "Abweg" klassifizierten Teil der Strecke verwies, der nicht durch die Unfallversicherung abgedeckt sei.
Der Kläger führte hingegen an, dass er an Diabetes mellitus leide und zum Zeitpunkt des Unfalls an einer starken Unterzuckerung sowie Orientierungslosigkeit gelitten habe. Dadurch sei er an seiner Wohnung vorbeigefahren und unbeabsichtigt auf den als Abweg definierten Streckenabschnitt geraten. Er gab an, keine Erinnerung an die Einzelheiten des Vorfalls zu haben.
Das LSG bestätigte in seiner Entscheidung die rechtliche Position der BG. Es wurde festgehalten, dass ein Unfall, der sich auf direktem Weg zwischen Wohnung und Arbeitsplatz ereigne, grundsätzlich durch den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt sei. Ein Abweg, der von dieser direkten Strecke abweiche, hingegen nicht. Nur in Ausnahmefällen könne ein irrtümlicher Abweg versichert sein, wenn die Ursache ausschließlich in äußeren Umständen wie Dunkelheit, Nebel oder unzureichender Beschilderung des Verkehrsweges liege. Im vorliegenden Fall sei der Mann jedoch aufgrund einer inneren Ursache, nämlich seiner Orientierungslosigkeit aufgrund einer Bewusstseinsstörung infolge der diabetesbedingten Unterzuckerung, vom direkten Weg abgekommen. Die Einbeziehung solcher Abwege in die Wegeunfallversicherung würde nach Ansicht des Gerichts den Rahmen des Versicherungsschutzes über Gebühr erweitern und dem Zweck der Unfallversicherung entgegenstehen.
Das Gericht hat die Revision zugelassen, da die Entscheidung aufgrund ihrer grundsätzlichen Bedeutung über den vorliegenden Einzelfall hinaus von Interesse ist.
Das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (LSG) wirft ein Licht auf eine wichtige rechtliche Frage im Bereich des Versicherungsschutzes bei Wegeunfällen. Die Entscheidung, dass ein Unfall auf einem als "Abweg" klassifizierten Teil der Strecke nicht durch die Unfallversicherung abgedeckt ist, wenn er aufgrund einer inneren Ursache wie Orientierungslosigkeit infolge einer Bewusstseinsstörung passiert, hat weitreichende Konsequenzen für die Betroffenen und die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen.
Die Entscheidung des Gerichts, die Revision zuzulassen, ist ein wichtiger Schritt, um eine grundsätzliche Klarstellung in diesem Bereich herbeizuführen. Es ist zu erwarten, dass das Urteil weit über den vorliegenden Fall hinaus Auswirkungen haben wird und potenziell eine Neubewertung anderer ähnlich gelagerter Fälle erforderlich macht. Es zeigt auch die Komplexität und die Herausforderungen bei der Auslegung und Anwendung von gesetzlichen Bestimmungen im Bereich der Unfallversicherung auf.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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