• 17.03.2011 – OLG München: Befangenheit eines Sachverständigen

    GESUNDHEIT – GERICHTSURTEIL Nach einem Beschluss des Oberlandesgericht München (OLG) vom 08.11.2010 (1 W 2337/10) kann sich die Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständ ...

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GERICHTSURTEIL

OLG München: Befangenheit eines Sachverständigen

 

Nach einem Beschluss des Oberlandesgericht München (OLG) vom 08.11.2010 (1 W 2337/10) kann sich die Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen noch nicht daraus ergeben, dass zwischen diesem und einer Partei eines Rechtsstreites berufliche Kontakte bestehen und sowohl Sachverständiger als auch die Partei als Experten in ihrem Fachgebiet u. a. an Kongressen teilnehmen. Es müssten vielmehr darüber hinausgehende persönliche oder enge fachliche Bindungen vorhanden sein.

In der Vorinstanz hatte das Landgericht München (LG) einen Befangenheitsantrag gegen einen Sachverständigen zurückgewiesen, da die von dem Sachverständigen eingeräumten Kontakte keinen Anlass geben würden, allein deshalb eine Befangenheit anzunehmen. In dem einschlägigen engen Fachgebiet sei es zwangsläufig, dass sich die Behandler untereinander kennen würden.

Die Entscheidung:

Das OLG München sieht vorliegend entgegen der Auffassung des LG München das Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit für sachlich gerechtfertigt an. Ein gerichtlicher Sachverständiger könne aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Die gesetzliche Regelung über die Ablehnung eines gerichtlichen Sachverständigen diene ebenso, wie die den Richter betreffenden Vorschriften, der Sicherung der Unparteilichkeit der Rechtsprechung. Die Ablehnung des vom Gericht beantragten Sachverständigen setze dabei nicht voraus, dass der Sachverständige tatsächlich parteilich sei oder das Gericht selbst Zweifel an der Unvoreingenommenheit und sachlichen objektiven Haltung des Sachverständigen hege. Vielmehr rechtfertige bereits der bei der abgelehnten Partei erweckte Anschein der Parteilichkeit die Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit.

Vorliegend rechtfertige die Tatsache, dass der abgelehnte Sachverständige bei dem Beklagten seine Facharztausbildung absolviert habe, zusammen mit diesem Veröffentlichungen herausgebe und auch auf Veranstaltungen des Beklagten als Referent mitwirke, bei einer verständigen Partei die Besorgnis der Befangenheit. Hinzu komme, dass der abgelehnte Sachverständige selbst eingeräumt habe, dass die engen beruflichen Verbindungen und Kontakte zwischen den Ärzten dieses Fachgebietes zu unüberwindbaren Rücksichtnahmen führen könnten.

Nicht zu beanstanden sei, dass Experten auf einem Fachgebiet sich auf Tagungen und Veröffentlichungen gegenseitig austauschen. Ein solcher Informationsaustausch sei unerlässlich und versetze auch einen Sachverständigen erst in die Lage, kompetent ein Gutachten verfassen zu können. Auch bringe es ein eng begrenztes Fachgebiet mit sich, dass die maßgeblichen Experten sich persönlich besser kennen als in größeren Fachgebieten der Medizin. Vorliegend gingen die Kontakte des Beklagten und des Sachverständigen über einen bloßen beruflichen Informationsaustausch hinaus, wobei besonders der Umstand, dass der Sachverständige von dem Beklagten fachärztlich ausgebildet worden war, besonders ins Gewicht falle.

RA Michael Lennartz
Kazemi & Lennartz Rechtsanwälte, Bonn
www.medi-ip.de
 

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