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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Die Apothekenbranche steht vor vielfältigen Herausforderungen: Von der zunehmenden Bedrohung durch Cyberangriffe über die strikten Vorgaben bei E-Rezepten, die viele Betriebe wirtschaftlich belasten, bis hin zu politischen und marktwirtschaftlichen Entwicklungen, die den Druck weiter erhöhen. Das Jahressteuergesetz II 2024 verspricht finanzielle Entlastungen, während ein neuer Player aus den Niederlanden, Healthii, mit innovativen Konzepten den Versandhandel neu definiert. Gleichzeitig erschüttern Milliardenverluste durch Corona-Test-Betrug das Gesundheitssystem, und Konflikte wie die umstrittene Inkontinenz-Pauschale in Bayern zeigen, wie angespannt die Lage ist. Inmitten dieser Dynamik kämpfen Apotheken um ihre Zukunft – mit kreativen Lösungen, politischem Engagement und dem Ruf nach dringend benötigter Unterstützung.
Die Digitalisierung hat die Arbeitsweise von Apotheken in den letzten Jahren nachhaltig verändert und neue Maßstäbe für Effizienz und Servicequalität gesetzt. Elektronische Rezepte, digitale Datenaustauschsysteme mit Krankenkassen und innovative Kundenkommunikation haben den Apothekenalltag revolutioniert. Gleichzeitig hat diese Transformation die Branche jedoch verwundbarer gemacht. Apotheken sind heute ein attraktives Ziel für Cyberkriminelle, die sich auf den Diebstahl sensibler Gesundheitsdaten und Zahlungsinformationen spezialisiert haben. Insbesondere kleinere Apotheken kämpfen mit der Herausforderung, ihre IT-Infrastruktur auf einem Sicherheitsniveau zu halten, das den immer raffinierteren Angriffen standhält. Häufig fehlen die finanziellen und personellen Ressourcen, um umfassende Cyberabwehrstrategien umzusetzen. Die Konsequenzen eines erfolgreichen Cyberangriffs können jedoch gravierend sein: finanzielle Verluste, Reputationsschäden und potenziell schwerwiegende Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit von Patienten.
Parallel dazu belastet die Einführung des E-Rezepts viele Apotheken zusätzlich. Während das digitale Rezept ursprünglich als Werkzeug zur Effizienzsteigerung und Entlastung gedacht war, sorgt es in der Praxis häufig für Unsicherheiten und Druck. Besonders die 28-Tage-Frist für die Belieferung und Abrechnung stellt eine große Herausforderung dar. Wird diese Frist überschritten, erfolgt eine vollständige Retaxation, die den gesamten Erstattungsbetrag umfasst. Für viele kleinere Apotheken, die bereits mit geringen Margen und wachsendem Wettbewerb zu kämpfen haben, können solche Rückforderungen existenzbedrohend sein. Die Branche fordert daher eine flexiblere Handhabung dieser Fristen und eine transparentere Kommunikation seitens der zuständigen Behörden.
Auf politischer Ebene bietet das Jahressteuergesetz II 2024 einige Entlastungen, die noch im Dezember in Kraft treten sollen. Angestellte können auf höhere Nettovergütungen hoffen, was als positives Signal in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten gewertet werden kann. Dennoch bleibt unklar, in welchem Umfang diese Maßnahmen die finanziellen Belastungen der Apothekenbranche mildern können. Hinzu kommt ein verschärfter Wettbewerb durch neue Marktakteure. In den Niederlanden nimmt die Versandapotheke Healthii ihren Betrieb auf. Gegründet von ehemaligen Führungskräften von DocMorris, verspricht das Unternehmen, mit einem innovativen Konzept die Kundenbedürfnisse zu adressieren. Solche Entwicklungen könnten die Margen klassischer Vor-Ort-Apotheken weiter unter Druck setzen und die ohnehin angespannte Wettbewerbssituation verschärfen.
Die Branche wird zusätzlich durch Skandale erschüttert. Der Betrug mit Corona-Tests hat laut Bundeskriminalamt zu einem Schaden von mehr als einer Milliarde Euro geführt. Die Aufarbeitung gestaltet sich schwierig, da viele Fälle nur schwer nachweisbar sind. Die zurückgeholten Summen bleiben bislang marginal, was das Vertrauen in das Gesundheitssystem untergräbt. Der Skandal offenbart eine alarmierende Lücke in den Kontrollmechanismen und wirft die Frage auf, wie solche Missbräuche in Zukunft verhindert werden können.
Auch auf regionaler Ebene herrscht Unruhe. In Bayern konnte der Apothekerverband keine Einigung mit der AOK Bayern über eine Erhöhung der Inkontinenz-Pauschale erzielen. Apotheken, die Versicherte weiterhin versorgen wollen, sind gezwungen, Einzelverträge abzuschließen, was zusätzlichen bürokratischen Aufwand bedeutet. Dieser Konflikt verdeutlicht die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, mit denen Apothekenbetreiber konfrontiert sind, insbesondere wenn Verhandlungen mit Krankenkassen festgefahren sind.
Die Apothekenbranche steht an einem Scheideweg, geprägt von digitalen Umbrüchen, wirtschaftlichem Druck und zunehmender Regulierungsdichte. Die zunehmende Bedrohung durch Cyberangriffe sollte nicht nur ein Weckruf für Apothekenbetreiber, sondern auch für die Politik sein. Apotheken tragen eine essenzielle Verantwortung für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung und müssen daher in die Lage versetzt werden, sich effektiv gegen digitale Angriffe zu schützen. Hier sind staatliche Förderprogramme, branchenspezifische Sicherheitsstandards und praxisnahe Schulungen erforderlich, um insbesondere kleinere Apotheken zu stärken. Die Kosten für Cybersicherheit dürfen nicht allein auf die Betreiber abgewälzt werden, da dies die ohnehin fragilen wirtschaftlichen Grundlagen vieler Apotheken gefährden könnte.
Die Probleme rund um das E-Rezept verdeutlichen, wie sehr bürokratische Hürden den Betrieb vieler Apotheken erschweren. Die starren Fristenregelungen und die damit verbundenen Retaxationsrisiken sind realitätsfremd und ignorieren die Komplexität des Apothekenalltags. Eine engere Einbindung der Praxis in die Ausgestaltung solcher Regelungen wäre unerlässlich, um unnötige Belastungen zu vermeiden.
Die politischen Bemühungen um Steuerentlastungen und neue Ansätze im Gesundheitswesen sind zwar begrüßenswert, greifen jedoch oft zu kurz. Während der Fokus auf steuerliche Vorteile für Angestellte gelegt wird, bleiben die spezifischen Herausforderungen der Apothekenbranche weitgehend unbeachtet. Dies ist besonders alarmierend in einer Zeit, in der neue Wettbewerber wie Healthii die Marktbedingungen weiter verschärfen.
Der Betrug mit Corona-Tests zeigt, wie verwundbar das Gesundheitssystem ist, wenn Kontrollen fehlen. Dieser Skandal sollte als Mahnung dienen, stärker in die Überwachung und Durchsetzung von Regularien zu investieren, um Missbrauch zu verhindern. Apotheken, die tagtäglich an der Basis des Gesundheitssystems arbeiten, dürfen nicht die Leidtragenden solcher systemischen Versäumnisse sein.
Die Situation in Bayern verdeutlicht, wie angespannt die Beziehung zwischen Apotheken und Krankenkassen ist. Die Weigerung der AOK Bayern, eine angemessene Pauschale für Inkontinenzversorgung zu zahlen, ist symptomatisch für eine fehlende Wertschätzung der Arbeit, die Apotheken leisten. Einzelverträge sind keine Lösung, sondern verschärfen die ohnehin bestehenden Belastungen durch Bürokratie.
Die Apotheke der Zukunft braucht nicht nur wirtschaftliche und digitale Stabilität, sondern auch politischen Rückhalt. Nur durch gemeinsame Anstrengungen von Politik, Verbänden und Betreibern kann sichergestellt werden, dass Apotheken ihrer essenziellen Rolle im Gesundheitssystem gerecht werden können – heute und in der Zukunft.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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