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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Bis zu 600 Apotheken schließen jährlich in Deutschland – ein alarmierender Trend, der die medizinische Versorgung gefährdet und das Vertrauen in ein flächendeckendes Gesundheitssystem erschüttert. Während die ABDA über umstrittene Satzungsänderungen und demokratische Grundsätze debattiert, rückt die bevorstehende DAV-Wahl mit möglichen Überraschungen in den Fokus. Zeitgleich setzt Brandenburg mit der Prüfung eines Pharmaziestudiengangs ein Zeichen, während Baden-Württemberg mit geodatenbasierten Notdienstregelungen die Effizienz steigern will. Doch interne Konflikte, wie der Ausschluss der Presse bei Kammerversammlungen, werfen Schatten auf die Transparenz der Berufsorganisationen. Hinzu kommen juristische Auseinandersetzungen wie das Werbeverbot der Shop Apotheke und Diskussionen um die Finanzierung des Zentrallaboratoriums. Trotz der Herausforderungen zeigen positive Entwicklungen und innovative Ansätze, dass die Zukunft der Apothekenlandschaft noch offen ist – vorausgesetzt, Reformen und eine strategische Neuausrichtung werden entschlossen angegangen.
Die Apothekenlandschaft in Deutschland steht vor enormen Herausforderungen, die nicht nur den Berufsstand der Apotheker, sondern auch das gesamte Gesundheitssystem betreffen. Seit Jahren schließen jährlich zwischen 400 und 600 Apotheken, was insbesondere in ländlichen Regionen zu erheblichen Versorgungslücken führt. Diese Entwicklung wirft dringende Fragen nach der Zukunftsfähigkeit des flächendeckenden Gesundheitssystems auf. Die Apotheken könnten eine entscheidende Rolle spielen, insbesondere im Bereich der Primärversorgung und Prävention. Niedrigschwelliger Zugang und umfassende Gesundheitskompetenz machen sie prädestiniert dafür, präventive Maßnahmen anzubieten und die medizinische Grundversorgung zu stärken. Doch trotz dieser Chancen bleibt ein umfassendes zukunftsweisendes Konzept der Standesvertretungen aus. Die ABDA lässt bislang klare Maßnahmen vermissen, was zu wachsender Kritik sowohl innerhalb als auch außerhalb des Berufsstands führt.
Parallel dazu sorgt die bevorstehende Wahl der Führungsspitze des Deutschen Apothekerverbands (DAV) für Spannung. Der langjährige Vorsitzende Hans-Peter Hubmann und seine Stellvertreterin Anke Rüdinger galten bisher als gesetzt. Doch das Gerücht, dass Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein, eine Kandidatur in Erwägung zieht, könnte die Wahl zu einer echten Richtungsentscheidung machen. Preis steht für eine stärkere Fokussierung auf moderne Themen und Innovationen, während Hubmann und Rüdinger mit Erfahrung und Stabilität punkten. Die Wahl am 4. Dezember wird somit nicht nur personelle, sondern auch inhaltliche Weichen für die Zukunft des DAV stellen.
Die ABDA selbst steht unterdessen vor einer entscheidenden Sitzung am 11. Dezember. Die geplante Satzungsänderung sorgt seit Monaten für heftige Diskussionen. Kritiker befürchten, dass die Kompetenzen der Hauptversammlung eingeschränkt und die Basisdemokratie geschwächt werden könnten. Solche Entwicklungen rufen Unmut bei Delegierten und Apothekern hervor, die sich zunehmend von ihrer Standesvertretung entfremdet fühlen. Gleichzeitig gerät die Berliner Apothekerkammer ins Kreuzfeuer der Kritik, da sie als einzige Kammer in Deutschland die Presse grundsätzlich von Kammerversammlungen ausschließt. Dieser Schritt wird als Angriff auf die Transparenz gewertet und verstärkt die Wahrnehmung einer schwindenden demokratischen Kultur innerhalb der Berufsorganisationen.
Für Schlagzeilen sorgte jüngst auch die Shop Apotheke, die aufgrund einer Werbekampagne mit TV-Moderator Günther Jauch vor Gericht landete. Das Landgericht Frankfurt untersagte die Aktion, da sie nach Ansicht des Gerichts gegen das Wettbewerbsrecht verstößt. Der Fall zeigt die Herausforderungen, mit denen Online-Apotheken im Spannungsfeld zwischen Innovation und Regulierung konfrontiert sind.
Auf politischer Ebene gibt es positive Signale: Brandenburg prüft erstmals die Einführung eines Pharmaziestudiengangs. Dieses Vorhaben, das gemeinsam mit Sachsen realisiert werden könnte, bietet die Chance, die pharmazeutische Versorgung in der Region nachhaltig zu stärken und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Solche Initiativen könnten ein Vorbild für andere Bundesländer sein, die ebenfalls mit Versorgungsengpässen kämpfen.
Einen personellen Wechsel erlebt die Bundesapothekerkammer (BAK). Dr. Armin Hoffmann übernimmt die Präsidentschaft von Thomas Benkert. Hoffmann gilt als Vertreter eines modernen Berufsbilds der Apotheker und will neue Impulse setzen. Die Wahl wird als Möglichkeit gesehen, frischen Wind in die Kammer zu bringen und die strategische Ausrichtung der BAK zu erneuern.
Auch organisatorische Fortschritte sind zu verzeichnen: In Baden-Württemberg wurde ein geodatenbasiertes System zur Notdienstverteilung beschlossen, das ab 2025 gilt. Dieses System verspricht eine effizientere und fairere Verteilung der Notdienste und könnte die Belastung der Apotheken reduzieren. Gleichzeitig präsentiert der Großhändler Noweda beeindruckende Geschäftszahlen. Neben steigenden Umsätzen und Gewinnen betont das Unternehmen die strategische Unterstützung der Apothekenlandschaft, ein Signal der Stärke in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.
Währenddessen steht das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker vor einem Umbruch. Die dringend notwendigen Sanierungsmaßnahmen werfen Fragen nach der langfristigen Relevanz und Finanzierung des Instituts auf. Angesichts der wirtschaftlichen Lage vieler Apotheken erscheint es fraglich, ob die Mitglieder der Landesapothekerkammern bereit sind, zusätzliche Beiträge zu leisten.
Die Entwicklungen in der Apothekenlandschaft offenbaren ein komplexes Bild aus Chancen, Herausforderungen und teils hausgemachten Problemen. Der Rückgang der Apothekenzahlen ist alarmierend und zeigt, wie dringend ein umfassender Reformansatz benötigt wird. Apotheken könnten in der Primärversorgung und Prävention eine zentrale Rolle spielen, wenn sie entsprechend gefördert und ihre Kompetenzen ausgebaut würden. Niedrigschwellige Zugänge, umfassendes Fachwissen und die enge Bindung an die Patientenschaft machen sie zu idealen Partnern im Gesundheitssystem. Doch anstatt diese Stärken zu nutzen, werden sie durch bürokratische Hürden und unzureichende politische Unterstützung behindert.
Die ABDA steht dabei exemplarisch für die Herausforderungen der Standesvertretung. Die Diskussionen um die Satzungsänderung und die Schwächung der Hauptversammlung verdeutlichen, dass es nicht nur um Strukturfragen, sondern um grundlegende demokratische Prinzipien geht. Transparenz und Mitbestimmung sind unverzichtbare Grundlagen einer glaubwürdigen Interessenvertretung. Der Ausschluss der Presse bei den Sitzungen der Berliner Apothekerkammer zeigt zusätzlich, wie sehr einige Vertreter den Anschluss an moderne Kommunikations- und Transparenzstandards verloren haben. Diese Entwicklungen gefährden das Vertrauen in die Berufsorganisationen und schwächen die Position der Apotheker in politischen Verhandlungen.
Die geplanten Initiativen in Brandenburg, der personelle Wechsel in der BAK und die innovativen Ansätze in Baden-Württemberg zeigen jedoch, dass es auch Hoffnungsschimmer gibt. Solche Schritte können Modellcharakter haben, wenn sie konsequent umgesetzt werden. Sie verdeutlichen, dass Veränderungen möglich sind, sofern der Wille zur Erneuerung besteht.
Es bleibt jedoch die Frage, ob diese Einzelinitiativen ausreichen, um die grundlegenden Probleme der Apothekenlandschaft zu lösen. Der Berufsstand muss sich stärker als Einheit präsentieren und klare Forderungen an die Politik formulieren. Gleichzeitig braucht es eine Reform der Standesvertretung selbst, die Transparenz, Demokratie und zukunftsorientiertes Handeln in den Mittelpunkt stellt. Die Apotheken haben das Potenzial, nicht nur als Versorger, sondern als Innovationsmotor des Gesundheitssystems zu agieren – doch dieses Potenzial muss endlich genutzt werden. Es ist an der Zeit, die Zukunft der Apotheken aktiv zu gestalten, bevor die Herausforderungen die Chancen endgültig überwiegen.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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