• 08.11.2024 – Apotheken-News: Sicherheit, Selbstmedikation und Digitalisierung – Apotheken und Gesundheitswesen im Wandel

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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-News: Sicherheit, Selbstmedikation und Digitalisierung – Apotheken und Gesundheitswesen im Wandel

 

Wie neue Schutzmaßnahmen, moderne Therapien und digitale Strategien die Zukunft der Gesundheitsbranche prägen

Die Gesundheitsbranche erlebt einen tiefgreifenden Wandel: Von neuen Unfallversicherungen zur Mitarbeiterbindung über die Enttabuisierung der Wechseljahre am Arbeitsplatz bis zur Migräneprävention ohne Medikamente – innovative Ansätze und Herausforderungen prägen das Bild. Apotheken gewinnen an Bedeutung, indem sie als Anlaufstelle für Selbstmedikation und Beratung fungieren. Themen wie angepasste Proteinzufuhr ab 40 und transparente Kapseln zur besseren Inhalationstherapie rücken die individuellen Bedürfnisse der Patienten in den Fokus. Gleichzeitig schaffen Lieferengpässe und rechtliche Auseinandersetzungen um den Paxlovid-Verkauf Unsicherheit. Die Digitalisierung bringt zusätzliche Dynamik: Während die elektronische Patientenakte die Behandlung verbessern soll, kritisiert die ABDA den geplanten Kontrollanspruch des Gesundheitsministeriums über die Digitalagentur. Mit dem vorläufigen Stopp des Apothekenreformgesetzes steht die Branche dennoch entschlossen, ihre Rolle im Gesundheitssystem zu stärken und innovative Lösungen für die Zukunft zu entwickeln.


Die Gruppen-Unfallversicherung in deutschen Apotheken zeigt sich nicht nur als organisatorisches Instrument, sondern als Ausdruck echter Wertschätzung und sozialer Verantwortung. Diese Versicherung hat in Zeiten des Fachkräftemangels eine strategische Bedeutung für Apotheken gewonnen, indem sie Sicherheit bietet und das Arbeitgeberimage stärkt. Apothekenmitarbeitende, die täglichen Kundenkontakt pflegen und sich hohen fachlichen Anforderungen stellen, profitieren enorm von dieser Absicherung gegen Unfallfolgen. Durch die Einführung solcher Policen wird ein deutliches Zeichen gesetzt: Hier wird moderne Unternehmenskultur gelebt und soziale Verantwortung übernommen. Für die Betreiber ist die Versicherung ein Instrument, um die Motivation und Loyalität ihrer Mitarbeitenden langfristig zu sichern – ein entscheidender Vorteil angesichts eines zunehmend umkämpften Arbeitsmarktes.

In einem völlig anderen Bereich, jedoch mit ähnlich breiter gesellschaftlicher Relevanz, ist das Thema der Wechseljahre in die Diskussion geraten. In Deutschland sind rund neun Millionen Frauen von den Wechseljahren betroffen, von denen viele mit erheblichen gesundheitlichen Beschwerden zu kämpfen haben. Doch in der Arbeitswelt und Gesellschaft bleibt das Thema oft tabuisiert. Ein kürzlich organisiertes Parlamentarisches Frühstück in Berlin setzte hier ein wichtiges Zeichen, indem es Vertreterinnen aus Gesundheitswesen, Unternehmen und Politik zusammenbrachte. Das Ziel war es, mehr Bewusstsein und Unterstützung für Frauen in dieser Lebensphase zu schaffen. Diese Art von Engagement verdeutlicht, wie nötig es ist, den Arbeitsplatz für alle Lebensphasen zu sensibilisieren, besonders da immer mehr Frauen auch in späteren Lebensjahren aktiv am Berufsleben teilnehmen.

Ein weiteres relevantes Gesundheitsproblem, das Millionen Menschen betrifft, ist die Migräne. Diese neurologische Erkrankung, die weltweit verbreitet ist, lässt sich nicht nur medikamentös, sondern auch durch gezielte Veränderungen im Lebensstil behandeln. Professor Dr. Hans Christoph Diener von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie betont, dass regelmäßige Bewegung und Entspannungsverfahren entscheidend dazu beitragen können, die Häufigkeit und Intensität der Migräneattacken zu reduzieren. Dies ist angesichts der Tatsache, dass etwa zehn Prozent der Bevölkerung an Migräne leiden, ein Ansatz mit hoher gesellschaftlicher Relevanz. Die Förderung solcher präventiven Methoden könnte nicht nur zur Verbesserung der Lebensqualität von Betroffenen beitragen, sondern auch das Gesundheitssystem entlasten.

Frauen ab 40 stehen zudem vor besonderen gesundheitlichen Herausforderungen, die gezielte Anpassungen der Ernährung und insbesondere eine erhöhte Proteinaufnahme erfordern. In der sogenannten Perimenopause, der Phase vor den Wechseljahren, verarbeitet der weibliche Körper Proteine weniger effizient. Dies kann zu einem Verlust an Muskelmasse, einer veränderten Fettverteilung und einem erhöhten Risiko für Knochenbrüche führen. Die Rolle der Proteinzufuhr wird damit immer wichtiger, um diesen Alterserscheinungen präventiv zu begegnen und die Gesundheit im fortgeschrittenen Lebensalter zu fördern.

Eine spanische Studie bringt derweil interessante Ergebnisse im Bereich der Therapie von Lungenerkrankungen. Die Studie zeigt, dass transparente Kapseln bei Einzeldosis-Pulverinhalatoren klare Vorteile gegenüber undurchsichtigen Kapseln bieten. Durch die Sichtbarkeit des Wirkstoffes können Patienten die richtige Anwendung besser kontrollieren, was letztlich zu einer höheren Therapietreue führt. Diese Erkenntnisse könnten in der Zukunft zur Optimierung von Inhalationstherapien beitragen und den Alltag von Menschen mit chronischen Lungenerkrankungen erleichtern.

Auch im Bereich der Arzneimittelsicherheit wurden neue Erkenntnisse gewonnen, insbesondere in Bezug auf die Einnahme von ADHS-Medikamenten in der Schwangerschaft. Eine italienische Metaanalyse untersucht erstmals systematisch die Risiken und Auswirkungen von Medikamenten wie Methylphenidat und Atomoxetin auf ungeborene Kinder. Die Ergebnisse, veröffentlicht in JAMA Network Open, liefern wichtige Anhaltspunkte für die Behandlung von ADHS während der Schwangerschaft und legen nahe, dass eine sorgfältige Risiko-Nutzen-Abwägung erforderlich ist.

Ein anderes dringliches Problem betrifft das antivirale Medikament Pegasys, dessen Lieferengpässe voraussichtlich bis in die zweite Jahreshälfte 2025 anhalten könnten. Pegasys, das bei der Behandlung chronischer Hepatitis und anderer Erkrankungen eingesetzt wird, ist derzeit aufgrund globaler Nachfrage nur eingeschränkt verfügbar. Dieser Engpass zwingt sowohl Ärztinnen und Ärzte als auch Patientinnen und Patienten dazu, alternative Therapieansätze zu erwägen und zeigt, wie vulnerabel die Versorgung bei bestimmten Medikamenten ist.

In Nordrhein-Westfalen wurde kürzlich diskutiert, wie Apotheken eine stärkere Rolle im überlasteten Gesundheitssystem übernehmen könnten. Im Rahmen eines OTC-Gipfels betonten Experten die Bedeutung der Selbstmedikation und den Ausbau von Selfcare-Angeboten. Apotheken könnten eine tragende Rolle spielen, indem sie Patienten ohne ärztliche Verschreibung umfassend beraten und so eine entlastende Funktion im Gesundheitssystem einnehmen. Dieses Thema verdeutlicht die Notwendigkeit, Apotheken stärker in das gesundheitliche Versorgungssystem einzubinden und die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu fördern.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) plant derweil, die Gematik in eine Digitalagentur umzuwandeln. Dieser Schritt wird von der ABDA kritisch gesehen, da in der Gesetzesvorlage für das Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (GDAG) eine direkte Kontrolle des BMG vorgesehen ist. Die Apothekervertretung befürchtet, dass das BMG dadurch selbst zur Aufsichtsbehörde würde, was verfassungsrechtlich bedenklich ist. Die ABDA fordert deshalb klare Regeln, um die Unabhängigkeit der digitalen Steuerung im Gesundheitswesen sicherzustellen.

In Düren ereignete sich unterdessen ein beunruhigender Vorfall, als ein bewaffneter Räuber eine Apotheke überfiel. Ein Apothekenangestellter konnte den Angreifer jedoch mutig abwehren und so schlimmeres verhindern. Dieser Vorfall verdeutlicht die zunehmenden Sicherheitsrisiken, denen Apothekenmitarbeitende ausgesetzt sind, und unterstreicht die Notwendigkeit umfassender Schutzmaßnahmen für diese Berufsgruppe.

Ein weiteres Thema, das in der öffentlichen Diskussion an Bedeutung gewinnt, ist die elektronische Patientenakte (ePA). Sie bietet die Möglichkeit, alle medizinischen Informationen eines Patienten zentral zu speichern, was zu einer verbesserten Behandlungskoordination führen kann. Gleichzeitig birgt die zentrale Datenspeicherung jedoch auch Risiken, insbesondere im Hinblick auf den Datenschutz und mögliche kommerzielle Verwertungen der Daten durch Dritte.

In Berlin sorgt der Fall eines Apothekers für Aufsehen, der wegen des umfangreichen Bezugs des Corona-Medikaments Paxlovid angeklagt wurde. Der Apotheker, bekannt für seine weitreichenden Bezugsvolumina, verteidigt vor Gericht sein Vorgehen und betont die Notwendigkeit der Medikamentenverfügbarkeit. Dieser Fall zeigt die rechtlichen Grauzonen und Herausforderungen im Zusammenhang mit der Verteilung von Corona-Medikamenten auf.

Das Apothekenreformgesetz (ApoRG) steht hingegen vor dem Aus. Gesundheitsminister Karl Lauterbach kündigte kürzlich an, dass das Gesetz frühestens in der nächsten Legislaturperiode weiterverfolgt werden könne. Diese Vertagung ist ein Rückschlag für die Apothekenbranche, die sich bereits Hoffnungen auf eine umfassende Stärkung gemacht hatte. Lauterbach deutet jedoch an, dass ein erneuter Anlauf unter veränderten politischen Bedingungen durchaus denkbar sei.


Kommentar:

Die behandelten Themen spiegeln aktuelle Herausforderungen und Chancen in der Apothekenbranche und im Gesundheitssystem wider. Die Gruppen-Unfallversicherung ist ein Beispiel dafür, wie Unternehmen durch gezielte Maßnahmen nicht nur ihre Mitarbeiterbindung stärken, sondern auch ihr Image als verantwortungsvolle Arbeitgeber festigen können. Diese Entwicklung ist besonders wichtig im Angesicht des Fachkräftemangels und zeigt, dass Sicherheit im Arbeitsumfeld zunehmend als Wertschätzung wahrgenommen wird.

Gleichzeitig wird in den Wechseljahren und der Rolle der Migräneprophylaxe ohne Medikamente deutlich, wie wichtig ein ganzheitliches Gesundheitsverständnis ist, das präventive und unterstützende Maßnahmen in den Fokus rückt. Auch die Fragen zur Proteinzufuhr für Frauen ab 40 und zur Therapieoptimierung durch transparente Kapseln bei Lungenerkrankungen illustrieren, wie vielfältig die Gesundheitsbedürfnisse in unterschiedlichen Lebensphasen sein können.

Die Diskussion über den möglichen Kontrollverlust der Digitalagentur oder die Risiken der ePA zeigen jedoch, dass die Digitalisierung des Gesundheitssystems auch kritische Stimmen hervorruft. Ohne klare Regelungen und einen konsequenten Schutz der Patientendaten bleibt die Digitalisierung in Deutschland eine zweischneidige Angelegenheit.

Die Ereignisse wie der bewaffnete Raubüberfall auf eine Apotheke in Düren oder der Gerichtsfall um den Verkauf von Paxlovid verdeutlichen zudem, dass Apotheken nicht nur in ihrer Funktion als Versorgungsstützen, sondern auch als Betriebe in einem zunehmend komplexen Umfeld arbeiten. Die Forderung nach mehr Schutzmaßnahmen und rechtlicher Klarheit für Apotheken ist dringlicher denn je, ebenso wie eine zielgerichtete Reform des Gesundheitswesens, die alle Akteure berücksichtigt.

Abschließend zeigt das vorläufige Scheitern des Apothekenreformgesetzes auf, wie schwer sich politische Prozesse gestalten können. Für die Apothekenbranche bedeutet dies eine erneute Unsicherheit, die aber zugleich eine Chance zur Weiterentwicklung bietet. Minister Lauterbachs Kommentar deutet darauf hin, dass ein zukünftiges Reformvorhaben durchaus Potenzial hat – allerdings nur, wenn politische Mehrheiten es ermöglichen und die nötige Unterstützung aus der Branche kommt.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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