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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Das Apotheken-Reformgesetz enttäuscht die Branche, da zentrale Forderungen fehlen. Bundesgesundheitsminister Lauterbach setzt auf kleinere Anpassungen, während ein Hackerangriff beim Großhändler AEP weiterhin die Versorgung beeinträchtigt. Der Apothekerverband bereitet eine Musterklage gegen die Retaxationswelle vor, und Redcare Pharmacy wächst im Rx-Segment trotz hoher Verluste. In ländlichen Regionen drohen durch Apothekenschließungen Versorgungslücken. Studien zeigen, dass eine frühe Zuckerreduktion das Diabetes- und Bluthochdruckrisiko senkt. Ein Vorfall, bei dem eine Krankenkasse die „Heilung“ des Down-Syndroms hinterfragte, sorgt für Empörung. Der Hochdosis-Grippeimpfstoff Efluelda® verringert schwere Verläufe bei älteren Menschen, während die ABDA vor Mehrbelastungen durch die EU-Pharmareform warnt.
Verzicht auf Skonto und Favoritenregelung: ApoRG-Reform enttäuscht Apothekenbranche
Das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG), ursprünglich als umfassende Modernisierung des Apothekenwesens angekündigt, gerät zunehmend ins Wanken. Trotz der großen Erwartungen in der Branche scheinen sich zentrale Anliegen der Apothekenbetreiber immer weiter zu entfernen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) selbst äußerte sich zuletzt zurückhaltend zu den Aussichten seiner Reform. Statt eines ganzheitlichen Ansatzes, der den Herausforderungen der Branche gerecht wird, setzt die Regierung nun auf kleinteilige Änderungen durch spezifische Änderungsanträge. So stellten die Koalitionsfraktionen Mitte Oktober bereits eine Reihe fachfremder Änderungen vor, die die Arbeitsbedingungen der Apotheken punktuell verbessern sollten. Doch die nun offiziell vorgelegten finalen Änderungsanträge lassen essentielle Forderungen der Apotheken erneut außen vor.
Besonders kontrovers und enttäuschend für die Branche ist das Fehlen einer Skonto-Regelung. Skonti, also Rabatte für die frühzeitige Zahlung von Großhandelsrechnungen, könnten die Liquidität vieler Apotheken nachhaltig entlasten und in der angespannten wirtschaftlichen Lage einen wertvollen Spielraum schaffen. In vielen Fällen ermöglichen solche Rabatte den Apotheken, trotz schmaler Gewinnmargen liquide zu bleiben. Gerade in Zeiten stetig steigender Kosten und des wachsenden Preisdrucks durch den Versandhandel wäre die Skonto-Regelung eine dringend benötigte Maßnahme. Zahlreiche Apothekenbetreiber hatten sich daher auf eine gesetzliche Absicherung dieser Rabatte verlassen – eine Erwartung, die nun abermals enttäuscht wurde.
Ebenso fehlt in den neuen Änderungsanträgen die bereits diskutierte Einführung eines Favoritensystems, mit dem Patienten eine „Stamm-Apotheke“ festlegen könnten. Diese Idee sollte die Bindung zwischen Kunden und ihrer örtlichen Apotheke stärken und damit einen wichtigen Vorteil gegenüber dem anonymen Online-Handel schaffen. Insbesondere ältere und chronisch kranke Patienten profitieren oftmals von einer vertrauten Apotheke, die ihre spezifischen Bedürfnisse kennt und individuell beraten kann. Das nun gestrichene Favoritensystem hätte nicht nur die Versorgung verbessert, sondern auch den örtlichen Apotheken in ihrem Kampf gegen die Konkurrenz durch den Versandhandel gestützt.
Für die Apothekenbetreiber, die ohnehin vor wachsenden wirtschaftlichen und strukturellen Herausforderungen stehen, bedeutet das Fehlen dieser zentralen Regelungen eine weitere Hürde im täglichen Geschäft. Die seit Jahren anhaltende Belastung durch steigende Betriebskosten, unzureichende Vergütungen und den wachsenden Online-Wettbewerb könnte mit einer umfassenden Reform entschärft werden. Doch die aktuellen Änderungsanträge lassen erkennen, dass diese Strukturreform auf unbestimmte Zeit verschoben wird und stattdessen eine Stück-für-Stück-Anpassung erfolgt, die den eigentlichen Problemlösungen kaum näher kommt.
Die Entscheidung, eine verbindliche Skonto-Regelung und ein Favoritensystem für Apotheken aus den finalen Änderungsanträgen des ApoRG zu streichen, wirft ein Schlaglicht auf die kurzsichtige Gesetzgebung im Gesundheitswesen. Für viele Apotheken wäre eine gesetzliche Verankerung von Skonti weit mehr als nur ein finanzieller Vorteil. In einer Branche, die seit Jahren durch niedrige Margen und steigende Kosten belastet wird, hätte diese Regelung eine wichtige Erleichterung gebracht. Die Möglichkeit, bei zeitnaher Zahlung Rabatte zu nutzen, kann für kleinere Apothekenbetriebe überlebenswichtig sein. Ohne diese Regelung bleiben den Apotheken kaum Spielräume, um ihre ohnehin oft knappen Finanzen sinnvoll zu verwalten und dabei noch die Versorgungsqualität hochzuhalten.
Auch das gestrichene Favoritensystem zeigt, wie wenig Verständnis seitens der Gesetzgebung für die Realität der Apotheken und ihrer Kunden besteht. Die persönliche Bindung zwischen Patienten und Apotheke ist in Zeiten des immer stärker werdenden Online-Handels ein entscheidender Faktor, der die stationären Apotheken vom anonymen Versandhandel abhebt. Viele Kunden schätzen den direkten Kontakt und die individuelle Beratung, die nur in einer vertrauten Apotheke möglich ist. Das geplante Favoritensystem hätte Apotheken dabei unterstützt, diesen Service stärker zu fördern und gleichzeitig den Wettbewerb mit Online-Anbietern besser bestehen zu können. Die Streichung dieser Regelung ist daher eine verpasste Chance, die stationären Apotheken in ihrer wichtigen Rolle im Gesundheitswesen zu stärken.
Die Apothekenbranche steht bereits seit Jahren unter immensem Druck. Nicht nur wirtschaftliche Hürden, sondern auch strukturelle Herausforderungen machen es vielen Apotheken schwer, langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung gegen Skonto und favorisierte Apotheken ein weiterer Beleg dafür, dass eine ganzheitliche Lösung für die Probleme der Apotheken in weiter Ferne liegt. Statt einer umfassenden Reform, die die Herausforderungen der Branche ernsthaft angeht, bleibt es bei isolierten Änderungsanträgen, die das große Bild aus den Augen verlieren.
Während die Politik auf kurzfristige Anpassungen setzt, wird das Vertrauen der Apothekenbetreiber zunehmend auf die Probe gestellt. Die bereits bestehenden Probleme im täglichen Betrieb, die finanzielle Unsicherheit und der unaufhaltsame Wettbewerb durch Online-Angebote verschärfen die Situation. Ohne die Unterstützung durch wesentliche gesetzliche Anpassungen wie Skonti und ein Kundenbindungssystem werden viele Apotheken gezwungen sein, neue Wege zu finden, um wirtschaftlich zu überleben – häufig auf eigene Faust und ohne die dringend benötigte Rückendeckung durch die Gesetzgebung.
AEP im Notbetrieb nach Hackerangriff: Apotheken kämpfen um Arzneimittelversorgung
Der Hackerangriff auf den Arzneimittelgroßhändler AEP sorgt weiterhin für erhebliche Einschränkungen in der Arzneimittelversorgung. Auch zu Beginn der neuen Woche können Apotheken keine Bestellungen über das System von AEP aufgeben. Marc Lenzke, Berater der Krisenkommunikationsagentur Dunkelblau, bestätigt, dass die Verfügbarkeitsabfragen für Apotheken nach wie vor blockiert sind. „Es wurden bereits bedeutende Fortschritte erzielt, um einen Notbetrieb zu ermöglichen, aber die volle Funktionsfähigkeit ist noch nicht wiederhergestellt,“ so Lenzke. Die Wiederaufnahme des regulären Betriebs gestaltet sich schwierig und erfordert umfangreiche technische und organisatorische Maßnahmen, da die IT-Infrastruktur des Unternehmens schwer beschädigt wurde.
Um Apotheken eine minimale Versorgung zu gewährleisten, hat AEP einen Notbetrieb eingerichtet, der eine eingeschränkte Verteilung von Medikamenten vorsieht. Apothekenbetreiber sind aufgefordert, sich bei AEP zu registrieren, um am Notbetrieb teilnehmen zu können. Diese Registrierung soll den Zugang zu Notfallbestellungen ermöglichen und eine bedarfsorientierte Arzneimittellieferung sicherstellen. Informationen zum Anmeldeprozess und zu den spezifischen Anforderungen für die Notfallversorgung wurden bereits an die Apotheken übermittelt.
Für viele Apotheken bedeutet dieser Angriff eine große Belastung: Sie müssen nun auf alternative Großhändler ausweichen, was oft mit Mehrkosten und logistischem Mehraufwand verbunden ist. Zudem könnte die eingeschränkte Medikamentenverfügbarkeit dazu führen, dass einzelne Arzneimittel nicht mehr im gewünschten Umfang verfügbar sind. Besonders kritische Medikamente, die für die Behandlung chronisch kranker Patienten unerlässlich sind, müssen gegebenenfalls priorisiert oder durch alternative Präparate ersetzt werden. Dies bedeutet eine zusätzliche Herausforderung, da die Kommunikation mit den Patienten über mögliche Einschränkungen und Verzögerungen klar und präzise erfolgen muss, um Missverständnisse zu vermeiden.
Die Apothekenbranche sieht sich durch diesen Vorfall gezwungen, ihre IT-Sicherheitsmaßnahmen und Notfallkonzepte auf den Prüfstand zu stellen. Der Angriff auf AEP verdeutlicht, dass ein funktionierender Krisenplan unerlässlich ist, um die Arzneimittelversorgung auch in einer Ausnahmesituation aufrechtzuerhalten. Branchenvertreter appellieren an Apotheken und Großhändler, präventive IT-Sicherheitslösungen zu implementieren und regelmäßige Notfallübungen durchzuführen. Die aktuelle Krise zeigt, wie entscheidend ein schnelles und koordiniertes Handeln ist, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Der Cyberangriff auf AEP hat die Achillesferse des Gesundheitswesens offenbart: die Abhängigkeit von digitalen Netzwerken und die Verletzlichkeit der Lieferketten. In einem Bereich, in dem der schnelle Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten über Wohl und Wehe der Patienten entscheidet, hat der Angriff dramatische Folgen für Apotheken und ihre Kunden. Die Versorgungssicherheit ist aktuell nur durch einen Notbetrieb gewährleistet, und selbst dieser bedarf einer proaktiven Registrierung der Apotheken, um Zugang zu den eingeschränkten Lieferungen zu erhalten. Dieses Verfahren zeigt, dass die Branche auf Szenarien wie diesen nicht ausreichend vorbereitet war. Es stellt sich die Frage, ob der Schutz kritischer Infrastrukturen, gerade im Gesundheitssektor, bislang ausreichend ernst genommen wurde.
Für die Apotheken bedeutet dieser Angriff einen enormen organisatorischen und finanziellen Aufwand. Die Umstellung auf alternative Lieferanten ist oft nicht nur zeitaufwendig, sondern auch mit erheblichen Mehrkosten verbunden, die für viele kleine Apotheken kaum tragbar sind. Auch müssen die betroffenen Apotheken ihre Patienten transparent und verständlich informieren, wenn bestimmte Medikamente nicht lieferbar sind. Dies ist nicht nur eine logistische, sondern auch eine kommunikative Herausforderung, die zusätzlichen Zeitaufwand und Ressourcen erfordert. Apothekenmitarbeiter müssen sich jetzt mehr denn je als Krisenmanager beweisen, um die Bedürfnisse der Patienten trotz der widrigen Umstände bestmöglich zu erfüllen.
Dieser Vorfall verdeutlicht, dass das Gesundheitswesen dringenden Handlungsbedarf in puncto IT-Sicherheit und Krisenresilienz hat. Der Ruf nach einem umfassenden Sicherheitskonzept für kritische Infrastrukturen wird lauter. IT-Sicherheitsstandards müssen weiterentwickelt und flächendeckend umgesetzt werden, um Cyberangriffe auf Gesundheitseinrichtungen und Versorgungsunternehmen wirksam abzuwehren. Ein solcher Schutz erfordert nicht nur finanzielle Investitionen, sondern auch die Verpflichtung zu regelmäßigen Sicherheitsüberprüfungen und Schulungen des Personals. Für Apotheken könnte dies bedeuten, dass sie in IT-Sicherheit und in die Schulung ihrer Mitarbeiter in Krisensituationen investieren müssen – ein zusätzlicher Kostenfaktor, der insbesondere kleinere Betriebe trifft.
Letztlich sollte dieser Vorfall als Weckruf verstanden werden. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen schreitet unaufhaltsam voran, doch die Sicherheitsmaßnahmen hinken hinterher. Ein Angriff wie auf AEP zeigt die dringende Notwendigkeit einer robusten, widerstandsfähigen Infrastruktur. Es ist an der Zeit, dass Politik und Wirtschaft die Bedrohung durch Cyberkriminalität im Gesundheitswesen ernst nehmen und entsprechende Maßnahmen zum Schutz der gesamten Lieferkette ergreifen.
Rezeptur-Retaxationen: Apothekerverband bereitet Musterstreitverfahren gegen Krankenkassen vor
Die wachsende Anzahl von Retaxationen bei Rezepturabrechnungen sorgt derzeit für Unruhe in Apotheken und hat den Deutschen Apothekerverband (DAV) zum Handeln veranlasst. Auslöser dieser Retaxwelle ist die Kündigung der Hilfstaxe, genauer gesagt der Anlagen 1 und 2, die bisher als verlässliche Grundlage für die Abrechnung von Rezepturen galten. Seit Anfang des Jahres gilt die Abrechnung gemäß den Vorschriften der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV), wodurch die Preise für Rezepturen teils um das Dreifache angestiegen sind.
Für selbstzahlende Kunden bedeutet diese Umstellung eine erhebliche Mehrbelastung, was zu Verwirrung und Verunsicherung bei vielen Kunden führte, die auf nachvollziehbare und gleichbleibende Preisstrukturen angewiesen sind. Apothekenbetreiber stehen nun vor der Herausforderung, diese veränderten Preise verständlich zu erklären, obwohl die Erhöhung für viele Patienten nur schwer nachvollziehbar ist.
In der Praxis entsteht ein weiterer Konflikt, da Krankenkassen und der DAV die Abrechnung unterschiedlich interpretieren. Die Kassen bestehen auf einer anteiligen Abrechnung der Rezeptursubstanzen, während der DAV sich auf die AMPreisV beruft, die eine Abrechnung nach dem Einkaufspreis der üblichen Abpackung vorsieht. Dieser vertragslose Zustand führte in den vergangenen Monaten zu zahlreichen Retaxationen, da die Krankenkassen weiterhin auf ihrer Auffassung beharren und entsprechende Abrechnungen kürzen.
Der DAV hat auf die Problematik reagiert und prüft verschiedene rechtliche Schritte, um die Apotheker gegen die zunehmenden Retaxationen zu unterstützen. Dazu zählt auch die Einleitung eines Musterstreitverfahrens, das die anhaltenden Unstimmigkeiten klären soll. „Wir sehen uns gezwungen, diese Option in Betracht zu ziehen, um für die Apothekenbetreiber Rechtssicherheit herzustellen“, erklärt ein Sprecher der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (Abda). Weitere Details zu den geplanten Maßnahmen wurden jedoch bislang nicht veröffentlicht.
Für die betroffenen Apothekenbetreiber bedeutet diese Situation eine zusätzliche Belastung, da sie sich verstärkt mit den komplexen Vorgaben der AMPreisV auseinandersetzen müssen. Es bleibt abzuwarten, wie das Musterstreitverfahren ausgeht und welche langfristigen Folgen sich daraus für die Apothekenlandschaft ergeben werden.
Die angekündigte Reaktion des Deutschen Apothekerverbands auf die Welle der Retaxationen bei Rezepturen ist längst überfällig. Apotheken sind nicht nur Dienstleister für die Gesundheitsversorgung, sondern auch rechtlich und finanziell an verlässliche Abrechnungsgrundlagen gebunden. Die Kündigung der Hilfstaxe ohne eine umfassende Abstimmung und Lösung für alle Beteiligten hat zu einem Chaos geführt, das nun insbesondere die Apotheker und ihre Kunden spüren.
Die Krankenkassen fordern, weiterhin anteilig abzurechnen, doch die gesetzlichen Vorgaben der AMPreisV sprechen eine andere Sprache. In dieser rechtlichen Grauzone den Apotheken nun Retaxationen aufzuerlegen, zeigt wenig Verständnis für die Herausforderungen, mit denen diese bereits konfrontiert sind. Ein Musterstreitverfahren kann hier Klarheit schaffen, doch die Zeit bis zu einer endgültigen Entscheidung ist für viele Apotheken eine große Belastung.
Die Apothekerschaft muss nun weiter auf die Unterstützung durch den DAV hoffen, um die dringend benötigte Rechtssicherheit zu erlangen. Ein solcher Konflikt unterstreicht einmal mehr, wie wichtig transparente und praxisnahe Regelungen sind, die sowohl den gesetzlichen als auch den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gerecht werden.
Redcare Pharmacy: Wachstum im Rx-Segment, aber steigende Verluste durch hohe Investitionen
Der niederländische Arzneimittelversender Redcare Pharmacy verzeichnet im dritten Quartal 2024 ein dynamisches Wachstum, vor allem im Segment der verschreibungspflichtigen Medikamente (Rx-Segment). Durch die Einführung des elektronischen Rezepts und die Möglichkeit zur digitalen Einlösung konnte das Unternehmen seine Marktpräsenz in Deutschland deutlich ausbauen. Die Umsatzsteigerungen im Rx-Bereich übertreffen inzwischen jene des Non-Rx-Segments und führen zu einer Verdopplung des Marktanteils auf 0,55 Prozent seit Anfang des Jahres.
Trotz dieser positiven Entwicklung verzeichnet Redcare weiterhin Verluste. Die endgültigen Quartalszahlen zeigen einen Konzernumsatz von 1,7 Milliarden Euro für die ersten neun Monate des Jahres, was einem Zuwachs von 33,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Unter dem Strich bleibt jedoch ein Verlust von 20,1 Millionen Euro, ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Verlust von 5 Millionen Euro im Vorjahr. Die hohe Investition in Marketingaktivitäten, insbesondere seit der Einführung des verpflichtenden E-Rezepts im Januar, sowie das eigene CardLink-System zur vereinfachten Rezeptabwicklung, haben die operativen Kosten signifikant erhöht. Eine weitere Marketingoffensive im vierten Quartal soll die Kundenbindung weiter stärken und die Wahrnehmung der Marke steigern.
Der DACH-Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) zeigt sich als treibende Kraft im Geschäft des Arzneimittelversenders. Hier stieg der Umsatz um 35,8 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro, wobei insbesondere das Rx-Segment mit einem Anstieg von 79,8 Prozent auf 517,5 Millionen Euro herausragt. Auch in Deutschland, wo Redcare mit der Marke Shop Apotheke aktiv ist, wuchs das Rx-Segment deutlich. Im dritten Quartal allein verzeichnete das Unternehmen hier eine Steigerung von 80,6 Prozent. Die Zahl der aktiven Kunden stieg im bisherigen Jahresverlauf um 1,1 Millionen auf insgesamt 11,9 Millionen.
Parallel zu den Marktanteilsgewinnen investiert Redcare weiter in seine logistischen Kapazitäten. Am 30. Oktober begann der Bau eines neuen Logistikzentrums in Tschechien, das eine schnellere Belieferung von Kunden in Österreich ermöglichen soll. Gleichzeitig vermeldet das Unternehmen im internationalen Segment (Belgien, Niederlande, Frankreich, Italien) ein Umsatzplus von 25,7 Prozent auf 319,4 Millionen Euro. Dennoch bleibt das bereinigte EBITDA in diesem Bereich negativ, wenn auch mit einem Verlust von 11,5 Millionen Euro besser als im Vorjahr, als dieser bei 15 Millionen Euro lag.
Finanzvorstand Jasper Eenhorst äußerte sich dennoch optimistisch. Mit einem erwarteten Jahresumsatz von 2,35 bis 2,5 Milliarden Euro und einer EBITDA-Marge zwischen 1,2 und 2,2 Prozent sieht er das Unternehmen auf Kurs, seine Jahresziele zu erreichen. Für die langfristige Perspektive bleibt das Ziel einer EBITDA-Marge von über 8 Prozent bestehen, was jedoch weiteres starkes Gewinnwachstum voraussetzt. Die strategischen Investitionen in Kundenbindung und Marktanteilssteigerung sowie der Ausbau der Logistik sollen die Position von Redcare auf dem europäischen Markt festigen.
Redcare Pharmacy zeigt mit seinem kontinuierlichen Wachstum im verschreibungspflichtigen Arzneimittelsegment, dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen großes Potenzial birgt. Mit der Einführung des E-Rezepts und der zusätzlichen digitalen Einlösemöglichkeiten konnte das Unternehmen im wettbewerbsintensiven deutschen Markt Boden gutmachen. Doch diese Marktanteilsgewinne haben ihren Preis. Die steigenden Verluste deuten darauf hin, dass Redcare mit hohen Kosten für Marketing und Logistik sowie mit intensiver Kundenakquise einen nachhaltigen Marktaufbau anstrebt, der jedoch kurzfristig auf die Gewinnmarge drückt.
Die Investitionen in die Logistik und die breite Marketingoffensive sind einerseits notwendig, um auf die durch das E-Rezept entstandenen Chancen zu reagieren, andererseits werfen sie die Frage auf, wie tragfähig dieses Wachstum mittelfristig ist. Der Kurs des Unternehmens scheint ambitioniert, doch ist er auch riskant. Eine Verbesserung der Marge bleibt für Redcare die größte Herausforderung, um auf lange Sicht profitabel zu wirtschaften. Solange die Margen jedoch im niedrigen Bereich verharren und das EBITDA nicht signifikant zulegt, bleibt das Unternehmen anfällig für Rückschläge.
Apothekenschließungen gefährden Versorgung: Preis warnt CDU vor dramatischen Folgen
Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein (AVNR), hat CDU-Landtagsabgeordneten Marco Schmitz in seiner Apotheke empfangen und auf die dramatische Lage der Apotheken aufmerksam gemacht. Schmitz, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, informierte sich dabei über die anhaltenden Herausforderungen, die Apotheken aufgrund von Lieferengpässen und wirtschaftlichem Druck bewältigen müssen. Preis machte klar, dass die Apotheken durch ihre Beratung und Versorgung von Patienten mit rezeptfreien Medikamenten eine zentrale Rolle im Gesundheitswesen einnehmen. Besonders in ländlichen Regionen sei ihre flächendeckende Verfügbarkeit von entscheidender Bedeutung, betonte er.
Preis äußerte sich besorgt über die wachsende Zahl an Apothekenschließungen, die das Versorgungssystem gefährden. "Es fehlen positive Signale für die Apotheken", so Preis. Die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, gestiegene Betriebskosten und sinkende Margen setzen die Betriebe zunehmend unter Druck. Er machte deutlich, dass die Schließung von Apotheken die Gesundheitsversorgung für eine alternde Bevölkerung ernsthaft gefährde und langfristig Lücken hinterlasse, die nicht einfach zu schließen seien.
Besonders kritisierte Preis den Vorschlag des Bundesgesundheitsministeriums, der Apotheken ohne approbierte Leitung vorsieht. Solche Maßnahmen könnten die Qualität der Beratung und den Zugang zu wichtigen Gesundheitsdiensten verschlechtern, warnte er. Er sprach sich entschieden gegen das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) in seiner aktuellen Fassung aus und forderte ein Umdenken auf politischer Ebene. „Die Apotheken sind das Rückgrat der lokalen Gesundheitsversorgung. Apothekenschließungen destabilisieren das Versorgungsnetz und führen in die falsche Richtung“, erklärte Preis. Er appellierte an die Politik, die Reform in enger Abstimmung mit den Betroffenen neu zu gestalten. Bislang fehlt jedoch ein überarbeiteter Vorschlag aus dem Bundesgesundheitsministerium, was die Lage für Apotheken verschärft.
Die anhaltende Welle an Apothekenschließungen sollte als Weckruf für die Politik dienen. Immer mehr Apotheken kämpfen ums Überleben, doch das Apotheken-Reformgesetz in seiner jetzigen Form scheint eher das Gegenteil zu bewirken und verstärkt den Druck auf die Betriebe. Die Versorgungssicherheit vor allem in ländlichen Gebieten wird dadurch ernsthaft gefährdet. Es braucht konkrete Maßnahmen, die Apotheken entlasten und ihre Bedeutung für die Bevölkerung anerkennen. Anstatt die Qualitätsanforderungen zu senken, sollte die Politik ein stützendes Umfeld schaffen, das den Apothekenstandort Deutschland langfristig sichert. Eine Reform ohne Rücksprache mit den Betroffenen wird das Problem nicht lösen, sondern vertiefen.
Frühe Zuckerreduktion als Schlüssel zur Prävention: Studie belegt positive Effekte auf Diabetes- und Bluthochdruck-Risiken
Ein frühzeitiger Verzicht auf Zucker könnte entscheidend zur Prävention chronischer Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck beitragen. Das zeigt eine aktuelle Studie der University of Southern California in Los Angeles, die den Einfluss einer zuckerreduzierten Ernährung in den ersten 1000 Lebenstagen untersucht hat. Demnach lässt sich das Risiko für diese Erkrankungen erheblich senken, wenn der Zuckerkonsum in der pränatalen Phase bis zum zweiten Lebensjahr begrenzt wird – besonders deutlich zeigen sich die Effekte bei Frauen und Mädchen.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten auf umfangreiche Daten aus der UK Biobank und der National Food Survey zurückgreifen. Diese enthalten sowohl Gesundheitsdaten als auch Ernährungsinformationen der britischen Bevölkerung über mehrere Jahrzehnte. Von besonderem Interesse war der Zeitraum der Zucker-Rationierung in Großbritannien zwischen 1940 und 1953, als Zucker aufgrund des Zweiten Weltkriegs nur in begrenzter Menge zur Verfügung stand. Personen, die während oder kurz nach diesem Zeitraum geboren wurden, hatten in ihren frühen Lebensjahren einen reduzierten Zugang zu Zucker und bildeten so eine "rationierte Gruppe". Diese Gruppe zeigte laut der Studie ein um 18 Prozent geringeres Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, und eine um 12 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit, Bluthochdruck zu entwickeln. Zudem konnte eine Verzögerung des Krankheitsausbruchs festgestellt werden: Typ-2-Diabetes trat bei der rationierten Gruppe im Durchschnitt 2,3 Jahre später auf, Bluthochdruck 1,7 Jahre später.
Besonders bei Frauen war der positive Effekt ausgeprägt. Die Studie fand heraus, dass Mädchen, die während der Zucker-Rationierung geboren wurden, ein um 25 Prozent niedrigeres Risiko für Typ-2-Diabetes und ein um 15 Prozent geringeres Risiko für Bluthochdruck hatten als Frauen, die nach der Rationierung zur Welt kamen. Auch die Taillen-Hüft-Verhältnisse fielen in der rationierten Gruppe günstiger aus, was auf eine geringere Veranlagung zur zentralen Adipositas hindeutet, einem bekannten Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Stoffwechselstörungen.
Diese Ergebnisse untermauern die Theorie, dass die Reduktion von Zucker in einer kritischen Entwicklungsphase nachhaltige gesundheitliche Vorteile bieten kann. Die Forschenden betonen, dass diese Effekte unabhängig von genetischen Faktoren oder sozialen Bedingungen auftraten. Die Zucker-Rationierung bot dabei eine quasi-zufällige Gruppenzuordnung, die eine objektive Analyse der langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen ermöglichte.
Diese Ergebnisse werfen ein neues Licht auf die Prävention von Volkskrankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck. Eine Reduktion des Zuckerkonsums in den frühen Lebensjahren könnte ein wirkungsvoller Hebel sein, um die zunehmenden Raten chronischer Erkrankungen einzudämmen. Doch welche Konsequenzen sollte man daraus ziehen? Ein Ansatz könnte sein, dass Gesundheitspolitik und Präventionsprogramme den Fokus verstärkt auf die Ernährung werdender und junger Mütter legen. Aufklärung und Anreize für eine gesunde Kinderernährung könnten eine wichtige Investition in die langfristige Gesundheit darstellen.
Allerdings stellen sich auch Fragen nach der Umsetzbarkeit: In einer Zeit, in der Zucker für viele Menschen weltweit Teil des alltäglichen Konsums ist, könnte es eine große Herausforderung sein, Eltern und werdende Eltern für eine frühzeitige Reduktion des Zuckerkonsums zu sensibilisieren. Dennoch bleibt festzuhalten: Diese Studie zeigt, dass Prävention nicht erst im Erwachsenenalter ansetzen muss. Wer frühzeitig gesunde Gewohnheiten fördert, kann möglicherweise ein Leben lang davon profitieren.
Krankenkasse schockiert mit Frage zur „Heilung“ von Down-Syndrom – Familie und Apotheke entsetzt
In der St. Morus-Apotheke in München versorgt Apothekerin Selin Welt regelmäßig ein neunjähriges Kind mit Down-Syndrom. Für den kleinen Patienten, der auf eine besondere Ernährung angewiesen ist, verschrieb der behandelnde Arzt eine spezielle Margarine als Nahrungsergänzung. Doch trotz ärztlicher Verordnung lehnte die Krankenkasse die Kostenübernahme ab. Es folgten monatelange Verhandlungen, bis der Vater des Kindes einen Anruf erhielt, der die Familie und die Apotheke erschütterte.
Apothekerin Welt beschreibt die Situation als besonders belastend, da die Familie nach einer schweren Herzoperation des Kindes ohnehin mit vielen Herausforderungen konfrontiert sei. „Diese Margarine ist die einzige, die das Kind verträgt, deshalb hat der Arzt sie verschrieben“, erklärt Welt. „Aber die Krankenkasse zog die Bearbeitung in die Länge. Drei Monate dauerte das Hin und Her, währenddessen die Eltern und wir ständig Rücksprache mit der Kasse halten mussten.“
Schließlich kontaktierte eine Mitarbeiterin der Krankenkasse den Vater des Kindes direkt – und stellte eine Frage, die ihn schockierte: „Wann heilt das Down-Syndrom?“ Die Eltern, aber auch Welt, reagierten fassungslos auf diese Unkenntnis. „Dass nicht jeder über die genauen Hintergründe des Down-Syndroms Bescheid weiß, ist verständlich“, erklärt Welt. „Aber von einer Krankenkassenangestellten sollte man doch erwarten, dass sie weiß, dass Down-Syndrom eine genetische Besonderheit ist, die nicht heilbar ist.“
Für viele Apotheken stellt die Kommunikation mit Krankenkassen eine tägliche Herausforderung dar. Komplexe Genehmigungsverfahren und wechselnde Bestimmungen verzögern oft die Versorgung der Patienten und führen zu Unsicherheiten. In diesem Fall offenbarten die Aussagen der Krankenkassenmitarbeiterin nicht nur Defizite im Wissen über Krankheitsbilder, sondern auch eine mangelnde Sensibilität gegenüber betroffenen Familien. „Gerade wenn ein Kind auf spezielle Produkte angewiesen ist, wäre mehr Unterstützung und Empathie von der Kasse gefragt“, betont Welt.
Diese Episode wirft ein scharfes Licht auf die oft mangelnde Sensibilität und fehlende Fachkenntnis in der Kommunikation zwischen Krankenkassen und den Betroffenen. Es ist ein Alarmsignal, wenn eine Krankenkassenmitarbeiterin ernsthaft die „Heilung“ einer genetischen Besonderheit wie dem Down-Syndrom hinterfragt. Solche Unkenntnisse sind nicht nur beschämend, sondern können bei den betroffenen Familien erheblichen Schmerz verursachen und das Vertrauen in das Gesundheitssystem erschüttern.
Apotheken spielen als Bindeglied zwischen Patienten, Ärzten und Krankenkassen eine zentrale Rolle und setzen sich oft für eine schnelle und reibungslose Versorgung ihrer Kunden ein. Doch die bürokratischen Hürden und langwierigen Genehmigungsprozesse, mit denen sie regelmäßig konfrontiert sind, erschweren ihnen diese Aufgabe zunehmend. Die notwendige und schnelle Versorgung der Patienten sollte oberste Priorität haben – und zwar unabhängig davon, ob eine Diagnose allgemein bekannt ist oder nicht. Es bedarf dringend Schulungen für Krankenkassenmitarbeiter, damit sie nicht nur das Wissen, sondern auch die notwendige Sensibilität entwickeln, die für den Umgang mit chronisch kranken und behinderten Menschen erforderlich ist. Nur so kann ein gesundes Miteinander und eine effiziente Versorgung sichergestellt werden.
Hochdosis-Grippeimpfstoff Efluelda®: Weniger Krankenhausaufenthalte bei älteren Patienten
Seit der Grippesaison 2021/22 steht in Frankreich für Menschen ab 65 Jahren eine neue Wahlmöglichkeit zur Verfügung: Neben dem traditionellen standarddosierten Grippeimpfstoff können sich ältere Erwachsene auch für den hochdosierten Impfstoff Efluelda® entscheiden. Der Hersteller Sanofi Pasteur bietet damit den ersten und bisher einzigen Hochdosis-Grippeimpfstoff in Europa an. Studienergebnisse deuten auf einen deutlichen Vorteil hin: Die Schutzwirkung vor schweren Krankheitsverläufen scheint erheblich verbessert zu sein. Eine Analyse auf Grundlage französischer Krankenversicherungsdaten zeigte, dass geimpfte Personen ab 65 Jahren, die Efluelda® erhielten, ein um 23,3 Prozent niedrigeres Risiko für einen Grippe-bedingten Krankenhausaufenthalt aufwiesen als jene, die eine Standarddosis bekamen. Besonders in der Hochphase der Grippesaison konnte die Schutzwirkung mit einer Risikoreduktion von 27,3 Prozent punkten.
Die Wirkung des Hochdosis-Impfstoffs zeigt sich dabei nicht nur im Zusammenhang mit hospitalisierten Grippefällen. In einem Review aus dem Jahr 2021 wurde deutlich, dass Hochdosis-Geimpfte ein um 39,9 Prozent reduziertes Sterberisiko im Vergleich zur Standarddosierung aufweisen. Auch die Zahl der durch Grippe und Lungenentzündung bedingten Krankenhausaufenthalte war deutlich geringer. Diese Resultate sprechen eine klare Sprache und werfen zugleich die Frage auf, warum der Hochdosis-Impfstoff in Europa nicht breiter verfügbar ist.
Interessant ist jedoch ein bemerkenswerter, wenn auch nicht signifikanter Anstieg anderer Krankenhausaufenthalte bei Personen, die Efluelda® erhielten, darunter 3 Prozent mehr aufgrund von Lungenentzündung und kardiovaskulären Erkrankungen sowie 2 Prozent mehr bei Atemwegsleiden. Experten vermuten, dass dies mit der Empfehlung der Französischen Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie zusammenhängen könnte, Efluelda® vorrangig an ältere Menschen mit erhöhtem Risiko für schwere Grippeverläufe zu verabreichen. Diese Gruppe zeigt oft eine überdurchschnittliche Krankheitslast und könnte demnach auch anfälliger für andere, nicht influenzabedingte Komplikationen sein.
Die Real-World-Daten decken sich in großen Teilen mit früheren Erkenntnissen aus klinischen Studien und zeigen, dass die Hochdosisimpfung älteren Erwachsenen einen zusätzlichen Schutz bieten kann. Auch die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut in Deutschland empfiehlt Menschen ab 60 Jahren eine Grippeimpfung mit einem Hochdosis- oder adjuvantierten Impfstoff. Die breite Verfügbarkeit solcher Impfstoffe könnte angesichts der Ergebnisse eine wichtige Rolle im künftigen Schutz älterer Menschen vor schweren Grippeverläufen spielen und gleichzeitig das Gesundheitswesen entlasten.
Efluelda® ist mehr als nur ein weiterer Grippeimpfstoff – er stellt einen bedeutenden Fortschritt für die Gesundheitsvorsorge bei älteren Menschen dar. Die überzeugenden Daten zur Wirksamkeit und der verminderte Anteil an Grippe-bedingten Krankenhausaufenthalten sprechen für die Bereitstellung solcher Hochdosis-Impfstoffe in größerem Umfang. Angesichts der besonderen Anfälligkeit älterer Menschen für schwere Krankheitsverläufe und die Belastungen, die Grippewellen regelmäßig auf das Gesundheitssystem ausüben, könnte die Einführung und Förderung hochdosierter Impfungen die Abwehrlage entscheidend verbessern. Die STIKO-Empfehlung in Deutschland ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ein breiterer Zugang zu Hochdosis-Impfstoffen sollte auf europäischer Ebene jedoch stärker in Betracht gezogen werden. Die Diskussion darüber ist längst überfällig und könnte dabei helfen, die Gesundheitsversorgung älterer Menschen wirksam und nachhaltig zu stärken.
ABDA warnt vor Mehrbelastung für Apotheken: Bundesregierung soll EU-Pharmareform kritisch begleiten
Die ABDA hat sich in einem eindringlichen Brief an die Bundesregierung gewandt und fordert Unterstützung im Rahmen der anstehenden Trilogverhandlungen zum EU-Pharmapaket. Das Schreiben kommt kurz vor der Anhörung des designierten EU-Gesundheitskommissars Olivér Várhelyi, der am Mittwoch vor den EU-Parlamentariern Stellung zu seiner Eignung für das Amt nehmen muss. Várhelyi, der künftig für Gesundheit und Tierschutz in der Europäischen Kommission verantwortlich sein soll, gilt als kontrovers und steht unter besonderer Beobachtung.
Mit der Reform des europäischen Arzneimittelrechts verfolgt die EU das Ziel, Arzneimittelsicherheit und Versorgung in Europa zu verbessern. Die ABDA jedoch warnt vor möglichen Zusatzbelastungen für Apotheken, die das neue Pharmapaket mit sich bringen könnte. Bereits beim Deutschen Apothekertag in München wurde einstimmig ein Beschluss verabschiedet, der diese Bedenken klar formuliert und nun an das Bundesgesundheitsministerium übermittelt wurde.
Kritikpunkte der ABDA umfassen unter anderem die verpflichtende Einführung elektronischer Packungsbeilagen, die auf breiten Widerstand stößt, sowie die geplante Ausweitung der Securpharm-Codierung auf frei verkäufliche Arzneimittel. Die Securpharm-Initiative, die der Arzneimittelfälschung vorbeugen soll, ist derzeit nur für verschreibungspflichtige Medikamente verbindlich und bedeutet für Apotheken bereits einen erheblichen Aufwand. Zudem fordert die ABDA den Erhalt der bewährten Defekturherstellung, die eine individualisierte Patientenversorgung ermöglicht. Weitere Belastungen für Apotheken sieht die ABDA auch in den geplanten erweiterten Meldepflichten für Lieferengpässe, die zusätzlichen bürokratischen Aufwand verursachen könnten.
Neben diesen Anliegen fordert die ABDA, dass die Bundesregierung sich in Brüssel für eine strikte Regulierung von Arzneimittelwerbung durch Influencer einsetzt. Arzneimittelwerbung über soziale Medien sei oft irreführend und könne eine falsche Medikamentenverwendung begünstigen. Diese Punkte werden derzeit vor der Europawahl im EU-Parlament diskutiert, wobei bereits umfangreiche Änderungsanträge eingereicht wurden.
Mit ihrem Appell möchte die ABDA verhindern, dass Apotheken in ihrer Arbeit durch neue Regelungen zusätzlich belastet werden. Da die Bundesregierung Deutschland im EU-Ministerrat vertritt und an den bevorstehenden Trilogverhandlungen mit Parlament, Rat und Kommission beteiligt ist, sieht die ABDA sie in der Verantwortung, die Position der Apothekerschaft zu vertreten. Der Brief der ABDA an das Bundesgesundheitsministerium unterstreicht den Willen der deutschen Apotheker, ihre Stimme im europäischen Gesetzgebungsprozess zu Gehör zu bringen.
Der Appell der ABDA kommt zur rechten Zeit und verdeutlicht die Notwendigkeit, die Apotheken vor zusätzlichen bürokratischen Belastungen zu schützen. Die Apothekerschaft steht bereits unter einem hohen wirtschaftlichen und personellen Druck, während sie gleichzeitig eine essenzielle Versorgungsfunktion für die Bevölkerung erfüllt. Gerade in Zeiten zunehmender Lieferengpässe und hoher regulatorischer Anforderungen ist es entscheidend, dass Apotheken nicht mit unnötiger Bürokratie belastet werden.
Die Vorschläge zur Regulierung der Arzneimittelwerbung in sozialen Medien durch Influencer sind ein wichtiger Schritt, um die Integrität der Gesundheitsversorgung zu schützen. Falschinformationen und unkritische Arzneimittelbewerbung gefährden die Patienten und erschweren Apotheken die Beratungsarbeit. Es bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung die Forderungen der ABDA ernst nimmt und in Brüssel mit Nachdruck vertritt. Ein Pharmapaket, das die Balance zwischen Sicherheit und Machbarkeit wahrt, wäre ein echter Fortschritt für das europäische Gesundheitssystem.
Konflikt um Rezepturabrechnung: DAV bringt Musterklage gegen Krankenkassen auf den Weg
Seit Anfang des Jahres herrscht zwischen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und den Krankenkassen ein anhaltender Konflikt über die korrekte Abrechnung von Rezepturen. Der Streit begann mit der Kündigung der Anlagen 1 und 2 der Hilfstaxe durch den DAV zum Ende des letzten Jahres, die bislang als Grundlage für die Preisfestlegung von Stoffen und Gefäßen in Rezepturen diente. Der Grund für die Kündigung lag in der Weigerung der Krankenkassen, auf die seit Monaten massiv gestiegenen Materialkosten zu reagieren und die Preise für die Stoffe und Gefäße entsprechend anzupassen. Ohne diese Vereinbarung bleibt den Apotheken aktuell nur die Arzneimittelpreisverordnung als Grundlage für die Abrechnung.
Die Meinungen zur Auslegung der Arzneimittelpreisverordnung gehen jedoch weit auseinander. Während der DAV argumentiert, dass Apotheken nach dem Wortlaut der Verordnung den „Einkaufspreis der üblichen Abpackung“ geltend machen dürfen, bestehen die Krankenkassen darauf, dass nur die tatsächlich benötigte Menge der Stoffe abzurechnen sei. Diese Sichtweise hätte zur Folge, dass Apotheken häufig auf erheblichen Kosten für nicht genutzte Restmengen sitzen bleiben würden – ein finanzieller Nachteil, der angesichts der gestiegenen Einkaufspreise schwerwiegende Folgen für viele Apotheken haben kann.
Um der Forderung nach dem vollen Abrechnungspreis Nachdruck zu verleihen, verweist der DAV auf ein Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (Az.: L 10 KR 701/22). Dieses Urteil bestätige aus Sicht des DAV die Praxis, den Einkaufspreis der gesamten Packung abrechnen zu dürfen, und solle nun als Präzedenzfall genutzt werden. Dennoch sehen sich zahlreiche Apotheken aufgrund der Haltung der Krankenkassen bereits mit Retaxationen konfrontiert – Rückforderungen der Kassen, die die Apotheken in der Abrechnung abgelehnter Beträge finanziell belasten. Der DAV unterstützt seine Mitglieder in dieser Situation mit Mustereinsprüchen gegen die Retaxationen, um ihre Rechte zu verteidigen.
Nun bereitet der DAV eine Musterklage vor, um eine rechtsverbindliche Entscheidung zu erhalten. Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des DAV, bestätigte, dass der Verband die nötigen Formalitäten für die Klage mit allen Beteiligten abstimmt. Ziel ist es, eine verbindliche Klärung herbeizuführen, um die finanzielle Belastung durch Retaxationen für Apotheken zu mindern und eine einheitliche Linie in der Abrechnungspraxis zu schaffen. Allerdings gibt es derzeit noch keinen festen Zeitplan für das sozialgerichtliche Verfahren, und Erfahrungen zeigen, dass solche Prozesse langwierig sein können. Betroffene Apotheken werden somit vorerst weiter mit finanzieller Unsicherheit konfrontiert sein.
Für Apothekenbetreiber, die sich gegen die Risiken der Retaxationen absichern möchten, wird angesichts dieser Unsicherheiten die Option einer Retax-Versicherung gegen Vermögensschäden zunehmend attraktiv. Solche Versicherungen können den Apotheken helfen, finanzielle Verluste aufzufangen und sich in dieser unklaren Situation eine zusätzliche Absicherung zu verschaffen.
Der Rechtsstreit um die Rezepturabrechnung offenbart die Herausforderungen, denen Apotheken in Deutschland im Verhältnis zu den Krankenkassen gegenüberstehen. Die Kündigung der Hilfstaxe durch den DAV war für viele Apotheken ein notwendiger Schritt, um auf die Belastungen durch steigende Materialpreise zu reagieren. Ohne eine Anpassung der Preise in der Hilfstaxe hätten Apotheken fortlaufend finanzielle Verluste hinnehmen müssen, da die festgelegten Preise den aktuellen Marktbedingungen nicht mehr gerecht wurden. Die Weigerung der Krankenkassen, auf die Forderungen des DAV einzugehen, hat den Konflikt eskalieren lassen und die Apothekerschaft in eine Lage gebracht, die nun gerichtlich geklärt werden soll.
Die Entscheidung des DAV für ein Musterklageverfahren ist sowohl mutig als auch notwendig. Sie signalisiert, dass der Verband bereit ist, sich für die finanziellen Interessen seiner Mitglieder einzusetzen, auch wenn dies bedeutet, einen langwierigen und ungewissen Rechtsweg zu beschreiten. Gerade in der Apothekerschaft, die angesichts immer strengerer gesetzlicher und ökonomischer Rahmenbedingungen ohnehin unter Druck steht, ist dieser Schritt von großer Bedeutung. Ein positives Urteil könnte nicht nur Klarheit für die derzeitige Abrechnungspraxis schaffen, sondern auch zukünftige Forderungen an die Krankenkassen untermauern. Sollte das Verfahren jedoch scheitern, drohen den Apotheken weiterhin massive Retaxationen und potenziell existenzbedrohende Rückforderungen.
Diese Unsicherheiten lassen die Option einer Retax-Versicherung gegen Vermögensschäden umso wichtiger erscheinen. Angesichts der verschiedenen Interpretationen der Abrechnungsrichtlinien und der Vielzahl an bereits erfolgten Retaxationen kann eine solche Versicherung Apothekenbetreibern eine wichtige Sicherheit bieten. Der finanzielle Schutz vor Retaxationen könnte den betroffenen Apotheken ermöglichen, sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren, ohne ständig das Risiko unvorhergesehener Rückforderungen im Blick behalten zu müssen. Gleichzeitig bleibt die Frage offen, inwieweit der Gesetzgeber langfristig Regelungen schaffen kann, die den Apotheken auch ohne umfangreiche Versicherungsmaßnahmen finanzielle Stabilität gewährleisten.
Apotheken erleben starken Anstieg bei Grippe- und Covid-19-Impfungen: Erweiterte Impfangebote erfordern neue Versicherungsstrategien
In Deutschland zeichnet sich in der Grippesaison 2023/2024 ein klarer Trend ab: Apotheken verzeichnen ein stetig wachsendes Interesse an Grippe- und Covid-19-Impfungen. Erstmals sind Grippeimpfungen seit Oktober 2022 ein regulärer Bestandteil der Versorgung durch Apotheken, und seit April 2023 wurde auch die Covid-19-Impfung offiziell in die Regelversorgung der Apotheken aufgenommen. Nach Angaben des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts (Dapi), einer Einrichtung der ABDA, wurden von Juli 2023 bis Juni 2024 insgesamt 98.000 Grippeimpfungen und 103.000 Covid-19-Impfungen in Apotheken durchgeführt. Bereits im Vorjahr, als Grippeimpfungen in Apotheken zum ersten Mal möglich waren, erreichte die Zahl 63.000 – ein Anstieg, der auf die gute Erreichbarkeit und den niedrigschwelligen Zugang in Apotheken zurückgeführt wird.
Der Bedarf an Impfungen, die in Apotheken durchgeführt werden, ist nicht nur auf die Grippeimpfungen begrenzt. Viele Arztpraxen verzichten aufgrund der hohen bürokratischen und logistischen Belastung darauf, Covid-19-Impfungen weiterhin anzubieten, wodurch die Apotheken diese Lücke füllen. Die Möglichkeit, eine Impfung ohne vorherige Terminabsprache und direkt in der Nähe des Wohnorts in Anspruch nehmen zu können, wird von vielen Bürgern als Vorteil angesehen. Durch die Verbreitung von Covid-19- und Grippeimpfungen in Apotheken wurden diese zu einer wichtigen Säule der Gesundheitsversorgung, was sich in der Steigerung der Impfzahlen deutlich widerspiegelt.
Darüber hinaus könnte die künftige Ausweitung des Impfangebots die Rolle der Apotheken weiter stärken: Das Gesetz zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit sieht vor, auch Totimpfstoffe, wie etwa gegen Polio, FSME, Tetanus und Diphtherie, für Apotheken freizugeben. Laut Einschätzungen von Cosima Bauer, Geschäftsführerin der Unternehmensberatung May und Bauer, könnte dies Apotheken pro Jahr durchschnittlich 600 zusätzliche Impfungen ermöglichen. Bei einem Honorar von 11,40 Euro pro Impfung würde dies pro Apotheke ein jährliches Zusatzeinkommen von etwa 8.000 Euro bedeuten. Neben den finanziellen Vorteilen entsteht dadurch auch die Chance, die Bevölkerung umfassender zu schützen und insbesondere in ländlichen Regionen die Impfquote zu erhöhen.
Diese zusätzlichen Einnahmen gehen jedoch mit erhöhten Verantwortlichkeiten einher. Die Erweiterung der Impfkompetenz stellt Apotheken vor neue rechtliche und finanzielle Herausforderungen, da die Immunisierung mit zusätzlichen Impfstoffen spezifische Risiken birgt. Die Haftungsfragen in der Apothekenbranche werden somit zunehmend komplexer, und bestehende Versicherungen decken oft nicht alle potenziellen Risiken ab, die mit der Verabreichung von Impfstoffen verbunden sind. Neben der Standardhaftpflichtversicherung wird eine spezialisierte betriebliche Haftpflichtversicherung für die Apothekenbetreiber erforderlich, die auf die Bedürfnisse und Risiken der erweiterten Impfkompetenz zugeschnitten ist. Hierbei geht es nicht nur um die Abwehr von Schadensersatzansprüchen, sondern auch um den Schutz des eigenen Unternehmens und der Belegschaft.
Mit der wachsenden Zahl an Grippe- und Covid-19-Impfungen in Apotheken wird deutlich, wie wichtig und akzeptiert das Angebot inzwischen ist. Die Entscheidung, Apotheken als zusätzliche Impfstätten zu integrieren, hat die Gesundheitsversorgung vor allem in Zeiten hoher Nachfrage und Impfkampagnen erheblich verbessert. Apotheken haben sich dabei als flexible Anlaufstelle für Impfwillige etabliert und füllen die Lücken, die durch Kapazitätsengpässe in Arztpraxen entstehen. Dieses erweiterte Angebot zeigt, dass Apotheken nicht nur als Arzneimittelversorger fungieren, sondern auch präventive Gesundheitsmaßnahmen unterstützen können.
Dennoch darf die wachsende Verantwortung, die mit der neuen Rolle als Impfstelle einhergeht, nicht unterschätzt werden. Der organisatorische und rechtliche Aufwand zur Einführung und Durchführung dieser Dienstleistungen ist erheblich. Eine umfassende Risikobewertung und geeignete Absicherung sind unverzichtbar, um der neuen Herausforderung gerecht zu werden. Der Abschluss spezifischer Versicherungen, die gezielt auf die Tätigkeitsfelder einer impfenden Apotheke zugeschnitten sind, ist daher zwingend erforderlich, um die Apotheken und ihre Betreiber vor potenziellen Haftungsansprüchen zu schützen. Gerade in einem sensiblen Bereich wie Impfungen, bei denen unerwünschte Reaktionen oder Komplikationen nie ganz auszuschließen sind, muss das Versicherungsportfolio angepasst werden.
Ein gut abgesicherter Versicherungsschutz wirkt sich jedoch nicht nur im Schadensfall aus, sondern stärkt auch das Vertrauen der Patienten. Apotheken, die in der Lage sind, ein umfassendes Impfangebot sicher und zuverlässig anzubieten, zeigen damit ein hohes Maß an Professionalität und Verantwortungsbewusstsein. Gerade in Krisenzeiten, wie der Covid-19-Pandemie, oder in Phasen hoher Nachfrage während der Grippewelle können Apotheken eine wesentliche Rolle im Gesundheitswesen übernehmen. Dafür bedarf es jedoch einer klaren Strategie und einer adäquaten Anpassung des Versicherungsschutzes, um langfristig erfolgreich zu sein und das Vertrauen der Kunden nachhaltig zu sichern.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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