• 18.09.2024 – Gefahr beim Pilzesammeln

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SICHERHEIT | Medienspiegel & Presse |

Gefahr beim Pilzesammeln

 

Tödliche Verwechslungen und unsachgemäße Zubereitung führen zu steigenden Vergiftungen

Pilze sammeln erfreut sich im Herbst großer Beliebtheit, birgt jedoch erhebliche Risiken. Verwechslungen mit giftigen Arten wie dem Grünen Knollenblätterpilz können tödliche Folgen haben. Auch unsachgemäße Lagerung oder Zubereitung essbarer Pilze führt oft zu Vergiftungen. Achtsamkeit und fundierte Kenntnisse sind daher beim Sammeln unerlässlich, um lebensgefährliche Fehler zu vermeiden.


Mit dem Beginn der Pilzsaison im Herbst zieht es wieder zahlreiche Menschen in die Wälder, um frische Pilze zu sammeln. Was als erholsame Freizeitbeschäftigung beginnt, endet jedoch zunehmend in Notaufnahmen. Aktuelle Statistiken der Giftnotrufzentralen in Deutschland zeigen einen alarmierenden Anstieg von Pilzvergiftungen in den letzten Wochen. Grund dafür sind vor allem gefährliche Verwechslungen giftiger Pilzarten mit essbaren Sorten. Besonders betroffen sind ungeübte Sammler, die die Risiken eines unsachgemäßen Pilzverzehrs oft unterschätzen.

Eine der größten Gefahren beim Pilzesammeln ist die Verwechslung des Grünen Knollenblätterpilzes mit harmlosen Speisepilzen. Der Grüne Knollenblätterpilz, der in ganz Europa vorkommt, ist für rund 90 Prozent aller tödlichen Pilzvergiftungen verantwortlich. Viele Menschen, die diesen Pilz versehentlich konsumieren, verwechseln ihn mit dem Wiesenchampignon oder dem Grünen Täubling. Dabei ist der Grüne Knollenblätterpilz hochgiftig: Schon eine kleine Menge reicht aus, um lebensgefährliche Organschäden zu verursachen. Die darin enthaltenen Amatoxine greifen die Leber an, was innerhalb weniger Tage zu einem akuten Leberversagen führen kann. Das Tückische an dieser Vergiftung ist die lange Latenzzeit – oft treten die ersten Symptome erst nach sechs bis 24 Stunden auf, wenn das Gift bereits großen Schaden angerichtet hat.

Neben dem Grünen Knollenblätterpilz gibt es zahlreiche weitere gefährliche Pilze, die für Vergiftungen verantwortlich sind. Dazu zählen der Fliegenpilz und der Pantherpilz, die zwar weniger tödlich sind, aber dennoch ernsthafte gesundheitliche Probleme verursachen können. Diese Pilze enthalten Toxine wie Ibotensäure und Muscimol, die das zentrale Nervensystem beeinträchtigen. Der Verzehr kann zu Halluzinationen, Verwirrung, Bewegungsstörungen und in schweren Fällen zu Bewusstseinsverlust führen. Obwohl Fliegenpilze in der Popkultur oft romantisiert werden, warnen Experten ausdrücklich vor ihrem Konsum. In den sozialen Medien kursieren zunehmend Videos, in denen der Verzehr von Fliegenpilzen als Rauschmittel angepriesen wird. Solche Trends stellen eine erhebliche Gefahr dar, da viele Nutzer die schwerwiegenden Folgen unterschätzen.

Ein weiterer Faktor, der Pilzvergiftungen begünstigt, ist die unsachgemäße Lagerung und Zubereitung von Pilzen. Auch essbare Pilze können bei falscher Behandlung gesundheitliche Probleme verursachen. Werden Pilze beispielsweise zu lange ohne ausreichende Kühlung aufbewahrt oder nicht vollständig durchgegart, können sie Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall hervorrufen. Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie empfiehlt daher, Pilze stets ausreichend zu erhitzen und nur in geringen Mengen zu verzehren, um das Risiko von Verdauungsproblemen zu minimieren. Zudem sollten Pilze möglichst noch am Tag des Sammelns verarbeitet und nicht länger aufbewahrt werden.

Besondere Vorsicht ist auch bei Kindern geboten, die durch ihre Neugier häufig Pilze in den Mund nehmen, ohne sich der Gefahr bewusst zu sein. Experten raten Eltern und Erziehern, in Spielbereichen wie Gärten oder Kinderspielplätzen regelmäßig nach Pilzen zu suchen und diese zu entfernen. Kinder bis zu vier Jahren sind besonders gefährdet, da ihr Körper auf Giftstoffe oft empfindlicher reagiert. Sollte ein Kind dennoch einen Pilz verzehren, ist schnelles Handeln gefragt. Die Reste des Pilzes sollten zur Bestimmung gesichert werden, und sofort sollte der Giftnotruf kontaktiert werden, um eine spezifische Behandlung einzuleiten.

Die Behandlung von Pilzvergiftungen erfordert oft eine umgehende medizinische Intervention. In schweren Fällen wird Aktivkohle verabreicht, um noch nicht aufgenommene Giftstoffe zu binden. Beim Verzehr von Knollenblätterpilzen kommt zudem das Antidot Silibinin zum Einsatz, das die Aufnahme des Gifts in die Leberzellen hemmt und so die tödlichen Auswirkungen mildert. Trotz moderner Behandlungsmöglichkeiten bleibt das Risiko einer tödlichen Vergiftung hoch, weshalb Prävention oberste Priorität hat.

Insgesamt bleibt die wichtigste Empfehlung: Nur Pilze verzehren, die zweifelsfrei als essbar identifiziert wurden. Bei Unsicherheiten sollten Sammler immer auf den Verzehr verzichten oder sich an einen Pilzsachverständigen wenden. Die Freude am Pilzesammeln sollte niemals das Risiko einer lebensbedrohlichen Vergiftung überwiegen.

 
Kommentar:

Die Pilzsaison bringt nicht nur leckere Gerichte, sondern auch eine steigende Zahl an Notrufen wegen Vergiftungen mit sich. Der Trend, Pilze selbst zu sammeln und zu verwerten, hat in den letzten Jahren zugenommen – doch damit wächst auch die Zahl der Vergiftungsfälle. Dabei sind die Risiken seit Langem bekannt. Pilzvergiftungen sind kein neues Phänomen, doch die Sorglosigkeit vieler Sammler ist erschreckend. Es reicht nicht, nur einige wenige essbare Pilze zu erkennen. Wer Pilze sammeln möchte, muss sich intensiv mit den verschiedenen Arten und deren spezifischen Merkmalen auseinandersetzen. Ein kurzer Blick auf den Pilz genügt oft nicht, um eine sichere Entscheidung zu treffen.

Verantwortungsbewusstsein ist hier das Gebot der Stunde. Der Griff zum falschen Pilz kann fatale Folgen haben. Besonders tragisch ist, dass viele Vergiftungen durch den Grünen Knollenblätterpilz passieren, einem der tödlichsten Pilze Europas. Wer die Möglichkeit hat, sollte sich an lokale Pilzsachverständige wenden, bevor er die gesammelten Pilze zubereitet. Dies ist kein Zeichen von Schwäche oder Unwissenheit, sondern von Vernunft. Der Pilzsachverständige ist für viele eine lebensrettende Instanz.

Auch die Aufklärung über den Konsum von Pilzen als Rauschmittel darf nicht vernachlässigt werden. Die Verbreitung von Videos auf Plattformen wie TikTok, die den Konsum von Fliegenpilzen verharmlosen, ist nicht nur fahrlässig, sondern gefährlich. Die Versuchung, auf der Suche nach einem außergewöhnlichen Erlebnis Risiken einzugehen, kann verheerende gesundheitliche Folgen haben. Hier sind sowohl die sozialen Plattformen als auch die Nutzer selbst in der Verantwortung, solchen gefährlichen Trends entgegenzuwirken.

Letztendlich gilt: Wer Pilze sammeln will, sollte dies mit der nötigen Vorsicht und dem Respekt vor der Natur tun. Das Wissen um die Gefahren ist der beste Schutz vor einer vermeidbaren Katastrophe. Die Freude am Pilzesammeln sollte niemals auf Kosten der eigenen Gesundheit oder gar des Lebens gehen.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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