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Steuer & Recht |
Die Inflationsrate in Deutschland ist im Mai spürbar gesunken, war mit 6,1 Prozent aber immer noch sehr hoch. Deutlich überdurchschnittlich von der Teuerung belastet sind weiterhin Alleinlebende mit niedrigen Einkommen. Sie hatten im Mai eine Inflationsrate von 6,9 Prozent zu tragen, die höchste im Vergleich verschiedener Haushaltstypen. Dagegen verzeichneten Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen eine Teuerungsrate von 5,4 Prozent – und wie schon seit Anfang 2022 die niedrigste haushaltsspezifische Belastung. Die soziale Spreizung bei der Inflation betrug damit 1,5 Prozentpunkte, nachdem es im April 1,9 Prozentpunkte waren. Dass ärmere Haushalte besonders stark durch die Inflation belastet sind, liegt daran, dass Nahrungsmittel und Haushaltsenergie in ihren Warenkörben ein sehr hohes Gewicht haben. Diese Güter des Grundbedarfs sind nach wie vor die stärksten Preistreiber: Im Mai war ihr Beitrag zur allgemeinen Inflation noch sieben Mal (bei Nahrungsmitteln) bzw. neunmal (Haushaltsenergie) so groß wie im langjährigen Mittel. Im Vergleich der letzten Monate hat die Preisdynamik bei Nahrungsmitteln und Haushaltsenergie aber nachgelassen, weshalb die haushaltsspezifischen Raten nun weniger weit auseinanderliegen als zuvor. Das ergibt der neue IMK Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.
Die IMK-Inflationsexpertin Dr. Silke Tober und IMK-Direktor Prof. Dr. Sebastian Dullien berechnen mit dem IMK Inflationsmonitor seit Anfang 2022 jeden Monat die spezifischen Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen. Am größten war die soziale Differenz bei den Inflationsraten bislang im Oktober 2022 mit 3,1 Prozentpunkten.
Eine leicht überdurchschnittliche Teuerungsrate mussten im Mai auch Familien mit niedrigen Einkommen schultern (6,2 Prozent). Sie hatten zwischen Februar 2022 und Februar 2023 durchgehend die höchste Inflationsbelastung unter allen Haushaltstypen aufgewiesen, in den ersten beiden Monaten 2023 zusammen mit einkommensarmen Alleinlebenden. Dass die ärmeren Familien nun nicht mehr so stark hervorstechen, beruht auf zuletzt deutlich rückläufigen Kraftstoffpreisen. Diese schlagen sich rechnerisch im Ausgabenportfolio von Familien spürbar nieder. Arme Alleinstehende besitzen hingegen selten ein Auto, weshalb ihre Inflationsrate davon weniger beeinflusst wird.
Die übrigen untersuchten Haushaltstypen lagen im Mai bei oder knapp unterhalb der allgemeinen Inflationsrate von 6,1 Prozent. Ersteres gilt für Alleinerziehende, für Alleinlebende und für kinderlose Paare mit jeweils mittleren Einkommen. Bei Familien mit mittleren und mit hohen Einkommen sowie bei Alleinlebenden mit höheren Einkommen schlug die Inflation mit jeweils 5,9 Prozent zu Buche.
Trotz des nachlassenden Drucks bei den Preisen für Haushaltsenergie und Lebensmitteln spielen diese Kostenfaktoren für Haushalte mit niedrigeren Einkommen weiterhin eine besonders große Rolle, wie der Detailvergleich zeigt. Bei ärmeren Alleinlebenden trugen sie im Mai 4,7 Prozentpunkte zu 6,9 Prozent haushaltsspezifischer Inflationsrate bei. Bei Familien mit zwei Kindern und niedrigeren Einkommen summierten sie sich auf 4,4 Prozentpunkte, bei Familien mit mittleren Einkommen immerhin noch auf 3,3 Prozentpunkte. Das Problem wird vor allem für Haushalte mit niedrigen Einkommen dadurch verschärft, dass die Alltagsgüter, die sie vor allem kaufen, kaum zu ersetzen sind und viele nur geringe finanzielle Rücklagen haben.
Bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen trugen Nahrungsmittel und Haushaltsenergie hingegen lediglich 1,9 Prozentpunkte zur Inflationsrate von 5,4 Prozent bei. Bei ihnen wie den Haushalten mit höheren Einkommen waren dagegen beispielsweise die deutlich gestiegenen Preise für Wohnungsinstandhaltung, Restaurantbesuche und Übernachtungen oder Reisen ein spürbarer Faktor bei der spezifischen Teuerung.
Für die kommenden Monate erwarten die Fachleute des IMK, dass die starken Preisschübe als Folge der Pandemie und des Überfalls Russlands auf die Ukraine weiter auslaufen. Mittlerweile sinkt auch die sogenannte Kernrate der Inflation – die Teuerung ohne Energie und Nahrungsmittel –, wenn auch langsamer als die Inflationsrate insgesamt. Das liegt daran, dass die Energiepreise die Produktions- und Transportkosten nahezu aller Güter und Dienstleistungen beeinflussen, was aber sowohl beim Anstieg als auch beim Rückgang zeitversetzt geschieht.
Insgesamt werde die Inflation „bei hinreichendem Wettbewerb in den kommenden Monaten auch ohne weitere Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank weiter sinken, und es sind teilweise auch Preisrückgänge zu erwarten“, schreiben Tober und Dullien. Die Forschenden gehen davon aus, dass der Rückgang des Preisdrucks unterstützt wird „durch die Auflösung noch vorhandener Lieferengpässe und eine Verringerung der teilweise überhöhten Gewinnmargen“, die etliche Unternehmen im Windschatten der allgemein starken Preissteigerungen aufgeschlagen haben. „Beides dürfte die Wirkung der etwas stärkeren Lohnentwicklung kompensieren, so dass die Inflationsrate spätestens im Verlauf von 2024 wieder in der Nähe des Inflationsziels der EZB von zwei Prozent liegen dürfte.“
Quelle: Hans-Böckler-Stiftung
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