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Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Steuer & Recht |
Der Kläger buchte am 27.08.2021 für sich, seine Ehefrau und seinen Sohn bei der Beklagten zu einem Gesamtpreis von 3.456 Euro eine 8-tägige Reise nach Gran Canaria. Die Reise sollte im Januar 2022 stattfinden.
Am 25.12.2021 sprachen die deutschen Behörden aufgrund der Corona-Pandemie eine Reisewarnung für die kanarischen Inseln aus und ordneten diese als Hochrisikogebiet ein. Dies hatte zur Folge, dass der Kläger und seine Familie bei Reiserückkehr in Quarantäne hätten gehen müssen.
Am 29.12.2021 stornierte der Kläger die Reise und verlangte von der Beklagten die Rückzahlung des Gesamtreisepreises. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sehen bei Stornierung zu diesem Zeitpunkt Stornokosten in Höhe von 85 % des Reisepreises vor.
Der Kläger meinte, ihm würde auf Grund dieser Umstände ein kostenloses Rücktrittsrecht zustehen und machte mit seiner Klage die Rückzahlung des Reisepreises geltend. Wenn seitens der Bundesrepublik Deutschland bzw. durch das zuständige Bundesministerium eine Reisewarnung für ein bestimmtes Reisegebiet ausgesprochen wird, dann hat der Reisende nach Auffassung des Klägers die Möglichkeit, vom Reisevertrag zurückzutreten und einen Anspruch auf Erstattung des Reisepreises. Das Risiko in einem derartigen Fall würde nicht der Reisende, sondern der Reiseveranstalter tragen. Wenn die Beklagte darauf verweise, dass nach eineinviertel Jahren Pandemie und ständig variierender Corona-Zahlen die Durchführung der Reise stets in der Schwebe war, hätte sie die Reise auch nicht anbieten müssen.
Die Beklagte meinte demgegenüber, dass ihr ein Anspruch auf 85 % des Reisepreises als Stornokosten zustehen würde.
Das Gericht gab der Klage nur teilweise statt und verurteilte die Beklagte lediglich zur Zahlung eines Betrags in Höhe von 518,40 Euro. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Das Gericht führte in der Begründung aus:
„Der Kläger ist am 29.12.2021 von dem Reisevertrag zurückgetreten. Damit verliert die Beklagte ihren Anspruch auf den Reisepreis (§ 651h Abs. 1 Satz 2 BGB).
Die Beklagte kann jedoch gem. § 651h Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BGB eine Entschädigung in Höhe von 85 % des Reisepreises verlangen, dies sind hier 2.937,60 Euro, sodass sich lediglich ein Anspruch des Klägers in Höhe von 518,40 Euro ergibt. (…)
Der Entschädigungsanspruch der Beklagten ist nicht durch § 651h Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Es sind am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe keine unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände aufgetreten. (…)
Zwar kann die Corona-Pandemie durchaus als unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand eingestuft werden, nach dem Sinn und Zweck der dem § 651h Abs. 3 BGB zu Grunde liegenden Richtlinie (Art. 12 Pauschalreise-Richtlinie) ist jedoch davon auszugehen, dass die unvermeidbaren und außergewöhnlichen Umstände nach der Reisebuchung aufgetreten sein müssen. Der Reisende ist dann nicht schutzwürdig, wenn er die Reise bereits in Kenntnis der Pandemie bucht. Er hat die damit verbundenen Risiken dann bewusst in Kauf genommen.
So ist es auch im vorliegenden Fall gewesen. Der Kläger hat die Reise am 27.08.2021 gebucht. Zu diesem Zeitpunkt dauerte die Pandemie bereits über ein Jahr an. Bereits in diesem Jahr war ein dynamisches Infektionsgeschehen mit stets auf die aktuelle Situation angepassten Einschränkungen und Auflagen zu beobachten. Der Kläger musste daher nach Auffassung des Gerichts bereits bei Reisebuchung damit rechnen, dass die Reise durch coronabedingte Einschränkungen beeinträchtigt wird. Dies gilt auch für Entscheidungen der Behörden, bestimmte Gebiete als Risikogebiete, Hochrisikogebiete und Virusvariantengebiete auszuweisen.
Bei der Quarantäneverpflichtung nach Reiserückkehr ist schon fraglich, ob diese überhaupt unter § 651h Abs. 3 BGB fällt, da diese ja nicht am Bestimmungsort der Reise, sondern erst nach Reiserückkehr am Heimatort greift. Auch insoweit ist (…) jedoch nach Auffassung des Gerichts eine Schutzbedürftigkeit des Reisenden nach über einem Jahr Pandemie nicht mehr gegeben.
Diese Schutzmaßnahmen zählen nicht alleine zum Verantwortungsbereich des Reiseveranstalters, sondern auch zum Privatrisiko des Reisenden. (…) Es handelt sich dann bei der Quarantäneverpflichtung nicht um eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB.
Der Anspruch auf Entschädigung der Beklagten entfällt demnach im vorliegenden Fall nicht gem. § 651h Abs. 3 BGB. Die Klage war daher insoweit als unbegründet abzuweisen.“
Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.
Urteil 159 C 2718/22 vom 04.07.2022 (rkr)
Quelle: AG München
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