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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Während Gerichte die Marketingstrategien großer Plattformen wie DocMorris stoppen, die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen auf Telemedizin mit Konzernanbindung setzt und Apotheken gleichzeitig unter dem Zeitdruck des TI-Kartentauschs leiden, wächst der Druck auf stationäre Versorgungseinheiten erheblich. Zugleich nehmen Deliktrisiken wie der jüngste Überfall in Zwickau zu, Lieferengpässe wie beim Novorapid-Flexpen spitzen sich zu und Standortunsicherheiten, wie sie die Herz-Apotheke in Sigmaringen fast zur Schließung gezwungen hätten, werden zur realen Existenzbedrohung. In dieser Gemengelage positioniert sich PharmaRisk® OMNI als strategisches Systemmodell zur Risikoabsicherung: Nicht als statische Police, sondern als dynamisches Führungsinstrument, das Gefährdungslagen erkennt, analysiert, moduliert und betriebswirtschaftlich interpretierbar macht – insbesondere dann, wenn klassische Modelle wie TI-Fördermechanismen, Rabattvertragslogiken oder rechtliche Zuzahlungsregelungen versagen. OMNI reagiert auf die Fragmentierung des Versorgungssystems mit strukturierter Handlungskompetenz: ob bei der Abrechnung von Wundprodukten wie UrgoStart Tül, bei Fragen der psychischen Belastung durch Diäten oder der Prävention durch Vitamin-D-Supplementierung. In einer Versorgungspolitik, die Vertrauen zunehmend in Infrastruktur übersetzt, ist strategische Absicherung kein Zusatz mehr – sondern Voraussetzung für Führung und Zukunftsfähigkeit.
Risiken antizipieren, Versorgung stabilisieren, Führungsräume schaffen
Wie PharmaRisk® OMNI die Apothekenabsicherung neu definiert, betriebliches Vertrauen stärkt und Unsicherheiten in strategische Handlungsfreiheit überführt
Risiken verändern sich nicht langsam, sondern eruptiv. Apotheken erleben diesen Wandel unmittelbar – sei es durch neue regulatorische Anforderungen, digitale Schwachstellen, haftungsauslösende Zwischenfälle oder wirtschaftliche Reibungsverluste im Betrieb. Was früher mit standardisierten Policen auffangbar war, erfordert heute hochdynamische Absicherungsstrategien, die mit der Praxis mitwachsen. Genau hier positioniert sich PharmaRisk® OMNI: nicht als klassische Versicherungspolice, sondern als transformierbares Schutzsystem für Apotheken, das Risiken nicht nur abdeckt, sondern antizipiert, analysiert, neu bewertet und in Echtzeit auf betriebliche Realitäten überträgt.
Diese Philosophie zeigt sich schon in der Architektur des Produkts. Statt starrer Deckungspunkte bietet PharmaRisk® OMNI eine bewegliche Rahmenstruktur, die Haftungs-, Sach-, Retax- und Digitalkomponenten zu einem Gesamtprofil verdichtet. An die Stelle der Einzelleistung tritt die konfigurierbare Sicherungseinheit. So wird nicht nur der wirtschaftliche Schadenfall gedeckt, sondern die psychologische und betriebliche Reaktionsfähigkeit gestärkt. Denn die Police denkt nicht nur an den Schadensmoment, sondern an die Phase davor – an Prävention, an Unsicherheitsreduktion, an organisatorische Entlastung.
Ein prägendes Element ist die modulare Lastverteilung. Apotheken können einzelne Risikosegmente priorisieren, temporär verstärken oder rückstellen. Die Betriebshaftpflicht stellt mit 30 Millionen Euro Deckung eine robuste Grundlage dar, doch sie steht nicht isoliert: Eingebettet ist sie in eine versorgungsspezifische Gesamtabdeckung, die von fehlerhaften Arzneimittelabgaben über Datenschutzverletzungen bis hin zu technischen Ausfällen reicht. Die Sachversicherung berücksichtigt darüber hinaus nicht nur Gebäudeschäden, sondern auch dynamisch veränderbare Warenlager, darunter sensible Lagergüter mit Verfallcharakter, temperaturgeführte Präparate und dokumentationspflichtige Betäubungsmittel.
Was bei vielen Policen ungenügend adressiert wird, nimmt PharmaRisk® OMNI offensiv in den Fokus: die Retaxationsrisiken. Gerade im Apothekenwesen, wo formale Fehler trotz korrekter Abgabe zu Rückforderungen führen können, ist das Verhältnis zwischen Korrektheit und wirtschaftlichem Risiko massiv gestört. Die integrierte Retaxdeckung von PharmaRisk® OMNI schützt nicht nur gegen pauschale Absetzungen, sondern gleicht auch operative Unsicherheiten aus, indem sie Apothekenteams bei Prüfverläufen, Widerspruchsverfahren und internen Ablaufkontrollen aktiv unterstützt – flankiert von einem juristisch validierten Retaxleitfaden und branchenspezifischer Verfahrensberatung.
Ein zentrales Innovationsmerkmal ist jedoch nicht der Deckungsinhalt selbst, sondern seine langfristige Aktualität: Die Bestands- und InnovationsGarantie (BIG) stellt sicher, dass jede Police ohne Zutun des Versicherten regelmäßig evaluiert und automatisch an neue gesetzliche, digitale oder betriebliche Anforderungen angepasst wird. Es handelt sich nicht um eine Vertragsanpassung, sondern um eine strategische Fortentwicklung – ein Prinzip, das in der Versicherungswirtschaft bislang kaum operationalisiert wurde. In der Praxis bedeutet das: Wenn neue Haftungsnormen entstehen, der Datenschutzrahmen sich verschärft, neue Dienstleistungsformen eingeführt oder technische Standards verändert werden, wächst die Police mit – präzise, ohne Nachverhandlung, ohne Interpretationsspielraum.
Gerade in der Schnittstelle zur Digitalisierung zeigt sich der Vorsprung der OMNI-Police. Während viele Policen auf statische IT-Risiken reagieren, arbeitet PharmaRisk® OMNI mit einem dynamischen Bedrohungsprofil, das Echtzeitrisiken – wie Phishing, Netzwerkabschaltung, Manipulation von Warenwirtschaft oder gezielte Datenerpressung – systematisch bewertet und abdeckt. Unterstützt wird dies durch ein begleitendes Cyber-Screening-Tool, das Apothekenbetrieben präventiv sicherheitsrelevante Hinweise liefert – von Passwortsicherheit über Serverhärtung bis hin zu Schulungsmaterial für Mitarbeiter.
Nicht zuletzt wirkt die Police auch als Führungsinstrument. Denn was viele Versicherungen übersehen: Versicherung ist keine passive Schutzbarriere, sondern Teil der Betriebsorganisation. Eine Police, die Klarheit gibt, Entlastung schafft und Reaktionsmöglichkeiten eröffnet, wirkt unmittelbar auf die Führungskultur zurück. Die Möglichkeit, Risiken gezielt auszulagern, Entscheidungen auf gesicherter Grundlage zu treffen und Mitarbeiter vor Schuldzuweisungen zu schützen, ist eine Dimension von Führung, die in Apotheken zunehmend Bedeutung gewinnt – und mit PharmaRisk® OMNI aktiv unterstützt wird.
Ein zukunftsorientierter Versicherungsschutz ist damit nicht nur eine rechtliche Notwendigkeit, sondern ein betriebsstrategisches Steuerungsinstrument. Mit der richtigen Police können Apotheken nicht nur bestehen, sondern mit Kalkulierbarkeit in eine unsichere Zukunft navigieren. PharmaRisk® OMNI transformiert die Idee der Deckung in eine neue Funktion: die Stärkung des Handlungsspielraums. Es ist ein Signal an die Branche, dass Sicherheit nicht nachgereicht, sondern vorgedacht werden muss – und dass Vorsorge mehr bedeutet als Schadensregulierung.
3,86 Promille, drei Messer, drei Delikte
Ein junger Mann überfällt eine Apotheke, flieht mit Medikamenten und hinterlässt einen Strafkatalog
Er wirkte weder orientiert noch zurechnungsfähig – und doch entschlossen genug, um eine Apotheke zu überfallen: In Zwickau hat ein 23-jähriger Mann am Donnerstagnachmittag unter massivem Alkoholeinfluss eine Apotheke betreten, ein Messer in der Hand, das Ziel offenbar klar – Oxycodon, ein starkes Opioid. Als die Angestellten ihm das Medikament verweigerten, griff er sich stattdessen drei andere Präparate im Wert von rund 100 Euro und flüchtete. Die Polizei konnte den Tatverdächtigen wenig später festnehmen und führte einen Atemalkoholtest durch: Das Ergebnis lag bei 3,86 Promille – einem Wert, bei dem bei vielen Menschen bereits Lebensgefahr besteht.
Was zunächst wie ein verzweifelter Raubversuch wirkte, entpuppte sich rasch als Teil einer ganzen Serie von Straftaten, die der junge Mann an diesem Tag begangen haben soll. Nach Angaben der Polizeidirektion Zwickau war der 23-Jährige zuvor in eine Wohnung eingebrochen und hatte dort unter anderem drei Messer entwendet – darunter auch jenes, das er später bei der Apotheke mitführte. Zwar habe er die Klinge sichtbar gehalten, aber gegenüber den Angestellten nicht aktiv eingesetzt. Dennoch stufte die Polizei das Vorgehen als schweren Raub ein – nicht zuletzt wegen der Bedrohungslage, der die beiden Apothekerinnen ausgesetzt waren. Verletzte wurden nicht gemeldet.
Die Ermittlungen laufen. Der junge Mann, gegen den bereits wegen anderer Eigentumsdelikte polizeiliche Erkenntnisse vorliegen, soll in eine Justizvollzugsanstalt überstellt werden. Ob er zum Tatzeitpunkt als voll schuldfähig gilt, muss nun ein medizinisch-psychiatrisches Gutachten klären. Der Fall reiht sich ein in eine wachsende Zahl von Übergriffen auf Apothekenpersonal, bei denen suchtkranke oder psychisch instabile Täter unter dem Einfluss von Substanzen auftreten. Das BKA hatte zuletzt darauf hingewiesen, dass der Zugang zu hochwirksamen Schmerzmitteln wie Oxycodon verstärkt im Fokus krimineller Handlungen steht – auch, weil Rezeptfälschungen, Einbruchdiebstähle oder Raubüberfälle ein potenziell lohnendes Ziel in Apotheken vermuten lassen.
In Apotheken herrscht seit Jahren eine angespannte Sicherheitslage, die durch solche Vorfälle noch verschärft wird. Gewerkschaften und Berufsverbände fordern deshalb verstärkte Präventionsmaßnahmen, etwa durch Einbau stiller Alarme, Schulung des Personals oder technische Nachrüstungen. Gleichzeitig wird die Frage nach den sozialen und psychischen Ursachen solcher Taten dringlicher: Wer mit fast vier Promille durch eine Stadt irrt, Wohnungen ausräumt und in eine Apotheke stürmt, ist nicht nur ein Sicherheitsrisiko – sondern auch ein Indikator für eine Gesellschaft, die an bestimmten Stellen schlicht versagt. Zunehmender Suchtmittelkonsum, fehlende therapeutische Angebote und prekäre Lebensverhältnisse verbinden sich hier zu einem toxischen Gesamtbild.
Kartentausch erzwungen, Finanzierung unklar, Zeitdruck maximal
Warum Apotheken neue TI-Komponenten brauchen, wer für die Kosten verantwortlich sein soll und wieso der Austausch ein Wettlauf gegen die Uhr wird
Die Digitalisierung der Gesundheitsversorgung, lange als Fortschrittsversprechen kommuniziert, entwickelt sich für viele Apotheken aktuell zum organisatorischen Stresstest. Der Austausch kryptographischer Komponenten innerhalb der Telematikinfrastruktur (TI) ist dabei keine freiwillige Modernisierungsmaßnahme, sondern eine sicherheitstechnisch verpflichtende Reaktion auf neue Vorgaben des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und der Bundesnetzagentur. Bis Ende 2025 müssen zehntausende Konnektoren, Heilberufsausweise (HBA) und Institutionenkarten (SMC-B) ausgetauscht und durch neue, auf elliptischer Kurvenkryptografie (ECC) basierende Komponenten ersetzt werden. Die damit verbundenen Kosten, Fristen und Zuständigkeiten werfen jedoch zentrale Fragen auf – und setzen insbesondere Apothekenteams unter erheblichen Handlungsdruck.
Technisch betrachtet ist die Migration von RSA auf ECC ein notwendiger Schritt, um die Sicherheitsarchitektur der TI auf ein modernes Niveau zu heben. Die RSA-Verschlüsselung, seit Jahrzehnten industrieller Standard, gilt in bestimmten Anwendungen inzwischen als überholt – nicht wegen akuter Schwächen, sondern wegen absehbarer Bruchbarkeit bei wachsender Rechenleistung. ECC bietet auf vergleichbarer Schlüssellänge ein höheres Sicherheitsniveau und erlaubt zudem effizientere Prozesse bei Authentifizierung und Datenverschlüsselung. Der Wechsel wurde von der Gematik vorbereitet und mit den Beteiligten kommuniziert – doch während Hersteller und Systemanbieter die technische Kompatibilität in ihre Produktzyklen einplanen konnten, geraten Apotheken nun unter operativen Zugzwang.
Der Grund: Die bisherigen SMC-B-Karten, Konnektoren und Kartenterminals sind mit ECC nicht kompatibel. Der Austausch betrifft laut Schätzungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung mindestens 35.000 Konnektoren – eine Zahl, die die Gematik für realistisch hält. Auch viele HBA-Karten müssen ersetzt werden, da sie ausschließlich RSA-fähig ausgestellt wurden. Für Apotheken bedeutet das konkret: Ohne Austausch können ab einem bestimmten Stichtag keine sicheren Authentifizierungen in der TI mehr vorgenommen werden – weder E-Rezepte eingelöst, noch Patientenakten aufgerufen oder pharmazeutische Dienstleistungen dokumentiert werden. Der Zeitrahmen ist dabei nicht verhandelbar: Die Zertifikate laufen 2025 ab, ein paralleler Betrieb alter und neuer Verschlüsselung ist technisch und regulatorisch ausgeschlossen.
Doch nicht nur der technische Aufwand ist erheblich – auch die wirtschaftliche Dimension des Kartentauschs sorgt für Unmut. Auf die Frage, wer für die entstehenden Kosten aufkommt, antwortet die Gematik ausweichend. Es handele sich bei der TI um ein Marktmodell: Preise und Finanzierungsmodelle würden durch die Hersteller definiert, die Entscheidung für ein Angebot liege bei den Leistungserbringenden selbst. Mit anderen Worten: Jede Apotheke muss für sich selbst klären, welche Komponenten betroffen sind, welche Lösungen angeboten werden – und welche Kosten dafür anfallen. Der Deutsche Apothekerverband geht öffentlich davon aus, dass der Kartentausch „kostenneutral“ erfolgen werde. Doch konkrete Zusagen von Krankenkassen oder der Politik fehlen. In der Praxis bedeutet das: Apotheken könnten auf vierstelligen Summen sitzen bleiben – für Karten, Austauschtermine, Updates und gegebenenfalls neue Geräte.
Zusätzliche Brisanz entsteht durch die zeitliche Überlagerung mit weiteren TI-Projekten. Parallel zum Kartentausch läuft in Apotheken die Integration der elektronischen Patientenakte (ePA), die verpflichtende Nutzung des E-Rezepts, der Ausbau pharmazeutischer Dienstleistungen mit digitaler Dokumentationspflicht und die technische Anbindung an weitere Versorgungsplattformen. Für viele Apothekenteams ist die Belastungsgrenze bereits erreicht. Personalmangel, Überstunden, fehlende IT-Kenntnisse und geringe Budgets kollidieren mit der Erwartung, gleichzeitig sicherheitskritische TI-Komponenten zu migrieren. Dabei sind viele der benötigten Informationen nicht leicht zugänglich: Welche HBA sind betroffen? Wie erkennt man, ob ein Konnektor ECC-fähig ist? Was kostet die Umrüstung – und wer übernimmt die Beratung?
Hinzu kommen Risiken für die Betriebsstabilität: Sollte die Umstellung nicht rechtzeitig erfolgen, droht der Verlust der TI-Anbindung. Für Apotheken hieße das: Keine Rezeptabrechnung, keine Rückfragen zu Verordnungen, kein Zugriff auf patientenbezogene Informationen – mit erheblichen Folgen für die Versorgungssicherheit. Die Gematik selbst betont, dass sie den „ambitionierten Zeitplan“ sehr ernst nehme und im engen Austausch mit den Gesellschaftern stehe. Ziel sei es, die Migration so reibungslos wie möglich zu gestalten. Doch Beobachter warnen: Gerade kleinere Apotheken, die keinen festen IT-Partner haben, könnten ins Hintertreffen geraten.
Ein weiteres Problem: Die Rolle der Dienstleister ist zentral, doch stark fragmentiert. Wer eine Apotheke betreibt, hat nicht selten Verträge mit bis zu drei verschiedenen IT-Anbietern – für Warenwirtschaft, TI-Anbindung und Sicherheitsupdates. Die Frage, ob eine Komponente betroffen ist, muss daher individuell geklärt werden. Einige Anbieter bieten Komplettpakete an, andere rechnen nach Aufwand ab. Intransparente Preise, Vertragslaufzeiten und unklare Zuständigkeiten machen eine strategische Planung fast unmöglich. Die ABDA fordert deshalb einen klaren Finanzierungsrahmen, standardisierte Austauschmodelle und verbindliche Informationspflichten der Anbieter – bislang ohne durchschlagenden Erfolg.
Die politische Verantwortung für die Lage ist dabei nicht von der Hand zu weisen. Die TI wurde unter der Maßgabe aufgebaut, Effizienz, Sicherheit und Interoperabilität in der Gesundheitsversorgung zu fördern. Doch während von Leistungserbringern wie Apotheken maximale Umsetzungstreue verlangt wird, bleibt die öffentliche Hand bei der Refinanzierung technischer Pflichtmaßnahmen auffällig zurückhaltend. Zwar übernimmt die GKV bestimmte Kosten im Rahmen von Pauschalen – etwa für den Betrieb der TI oder initiale Anschlüsse –, doch der Kartentausch ist darin nicht abgedeckt. Es fehlt ein gesetzlicher Mechanismus zur Kompensation neuer Sicherheitsanforderungen – obwohl diese politisch veranlasst wurden. Damit droht eine Verschiebung der TI-Kosten auf Apothekenbetriebe, die sich längst an der Belastungsgrenze befinden.
Auf der operativen Ebene sind nun klare Schritte nötig. Apothekenteams sollten umgehend mit ihren jeweiligen IT-Dienstleistern Kontakt aufnehmen und klären, ob ihre HBA, SMC-B und Konnektoren ECC-fähig sind. Liegt eine Inkompatibilität vor, sollte frühzeitig ein Austausch organisiert werden – inklusive Terminvereinbarung, Einbau, Testphase und Zertifikatsfreischaltung. Insbesondere bei mehreren Filialen oder komplexer IT-Infrastruktur empfiehlt sich eine Projektplanung mit Vorlaufzeit. Gleichzeitig sollten sich Inhaberinnen und Inhaber über mögliche Finanzierungshilfen informieren: Einige Kammern und Verbände bieten Übergangshilfen oder Kooperationsverträge mit bestimmten Anbietern an.
Nicht zu unterschätzen ist auch die psychologische Komponente: Der TI-Kartentausch wird von vielen Apothekenteams als weitere Zumutung empfunden – ein Pflichtprogramm ohne Rückhalt, das Unsicherheit statt Fortschritt bringt. Vertrauen in die digitale Zukunft lässt sich so nicht herstellen. Die Apotheken brauchen klare Zusagen, transparente Strukturen und rechtliche Sicherheit. Stattdessen erhalten sie technische Notwendigkeiten ohne politische Verbindlichkeit – und die diffuse Aussicht auf eigene Finanzierungslösungen.
Es ist ein paradoxer Befund: Gerade dort, wo die Gesundheitsversorgung täglich gesichert wird, fehlt es an Planungssicherheit für die digitale Transformation. Der TI-Kartentausch mag aus Sicht der Kryptografie geboten sein – doch solange weder Finanzierung noch Verantwortung klar geregelt sind, bleibt er ein Symbol für die Fehlsteuerung einer Reform, die mehr verspricht als sie hält. Die Zeit läuft – für Apotheken, für Patienten und für ein System, das an sich selbst scheitern könnte, wenn es den konkreten Versorgungsalltag dauerhaft ignoriert.
Gericht rügt DocMorris-KIM-Vorgehen, Apothekerkammer erreicht Urteil, Rezeptlenkung per Patientenwunsch wird beschränkt
Wie die Plattformstrategie erneut vor Gericht scheitert, warum KIM-Nachrichten nicht als neutrale Information durchgehen und welche Folgen das Urteil für Arztpraxen und Apotheken hat
Das Landgericht Köln hat eine zentrale Rezeptlenkungsstrategie von DocMorris als wettbewerbswidrig eingestuft – und damit ein Urteil gesprochen, das weit über den konkreten Fall hinausweist. Im Mittelpunkt der Entscheidung stand ein von der Plattform verfasster Text, den Arztpraxen auf Wunsch von Patientinnen und Patienten über das KIM-System an DocMorris übermitteln sollten. Darin hieß es sinngemäß, dass die Praxis auf Patientenwunsch bereit sei, E-Rezepte bzw. Rezepttoken direkt an die Versandapotheke zu übermitteln. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei diesem Vorgehen nicht um eine sachliche Information, sondern um unzulässige Werbung. Die Apothekerkammer Nordrhein hatte geklagt – und obsiegt.
Damit rückt erstmals ein Kommunikationskanal ins juristische Zentrum, der eigentlich zur sicheren und neutralen Übermittlung medizinischer Informationen gedacht war: der KIM-Dienst. Was DocMorris als bloße Patienteninformation verkaufte, erkannte das Gericht als strategische Marktlenkung. Die ärztliche Praxis wird hier nicht mehr als medizinischer Dienstleister gesehen, sondern als Übermittlungsstelle für eine konkret benannte Versandapotheke – verbunden mit dem Hinweis auf einen angeblich vom Patienten geäußerten Wunsch. Das Gericht ließ diesen Hinweis nicht als Legitimation gelten. Entscheidend sei nicht, ob ein Patient DocMorris wählen darf – das bleibt unbestritten –, sondern ob ein Arzt oder eine Ärztin in der Außenkommunikation konkret für einen Versender aktiv wird. Genau das wurde im Urteil klar abgelehnt.
Die Kölner Entscheidung bringt für alle Beteiligten Konsequenzen. Arztpraxen, die künftig vorformulierte KIM-Texte mit Versandapothekenbezug verschicken, riskieren wettbewerbsrechtliche Abmahnungen. Für Plattformen wie DocMorris wird deutlich, dass die Indienstnahme ärztlicher Kommunikation für eigene Zwecke juristisch an Grenzen stößt. Auch für Apotheken vor Ort ist das Urteil ein Signal: Der rechtliche Schutz vor Rezeptlenkung ist durchsetzbar – selbst wenn Plattformen mit scheinbar neutralen Mitteln operieren. Die Apothekerkammer Nordrhein dürfte das Urteil nutzen, um vergleichbare Fälle systematisch zu prüfen.
Die Argumentation des Gerichts zeigt, wie eng mittlerweile die Kontrolle über die Rezeptwege geführt wird. Zwar bleibt die freie Apothekenwahl unangetastet – sie ist verfassungsrechtlich geschützt. Doch sie darf nicht durch geschickt inszenierte Kommunikationsstrukturen unterlaufen werden, die suggerieren, der Patient habe frei entschieden, obwohl der gesamte Ablauf von einer Plattform vorstrukturiert wurde. Entscheidend ist nicht der Wille des Patienten im Einzelfall, sondern die systematische Beeinflussung der Versorgungslogik. Genau darin sah das Gericht die Wettbewerbsverzerrung.
Besonders brisant: Das Urteil bezieht sich nicht auf offene Werbung, sondern auf eine Formulierung, die sich nach außen hin zurückhaltend und sachlich gibt. Der Richterspruch könnte daher auch auf andere Szenarien anwendbar sein – etwa auf Webinartexte, Praxisflyer oder automatisierte Antwortmails mit Rezeptlenkungsfunktion. Für Arztpraxen stellt sich die Frage, wie sie künftig mit E-Rezeptanfragen umgehen, ohne sich rechtlich angreifbar zu machen.
Für DocMorris wiederum ist das Urteil ein Rückschlag, denn es trifft den sensiblen Bereich der Rezeptakquise – jenes Feld, in dem der Plattformkonzern auf strukturellen Vorteil setzt. Wenn nun auch indirekte Kommunikationsformen als Werbung gelten, wird der Spielraum für marktsteuernde Maßnahmen kleiner. Dass ausgerechnet der KIM-Dienst – eigentlich gedacht für diskrete, sichere Kommunikation – zur Plattformbrücke werden sollte, zeigt, wie strategisch DocMorris vorgeht. Und wie entschlossen die Standesvertretung der Apotheker reagiert.
Telemedizin als Fremdkörper, Reform als Zündstoff, Vertrauen als Währung
Wie die KVN mit DocMorris-Tochter Teleclinic den Bereitschaftsdienst umbaut, warum Apotheker Alarm schlagen und wie sich Vertrauen in Versorgungspolitik verwandelt
Der Bereitschaftsdienst in Niedersachsen wird digital – und sorgt für Misstrauen: Mit dem Projekt KVN.akut will die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) eine moderne und landesweit einheitliche Struktur für die ambulante Akutversorgung außerhalb der regulären Praxiszeiten schaffen. Das klingt zunächst wie ein längst überfälliger Schritt in Richtung Zukunftsmedizin. Doch die Wahl des Partners entzündet eine alte Kontroverse neu: Die technische Umsetzung der Videosprechstunden übernimmt ausgerechnet Teleclinic, eine Tochtergesellschaft des DocMorris-Konzerns. Für viele Apotheker ist das mehr als nur ein technischer Dienstleister – es ist ein trojanisches Pferd in ärztlichen Diensten.
Die KVN hingegen zeigt sich betont gelassen. DocMorris werde im gesamten Prozess „nicht sichtbar“, heißt es auf Nachfrage. Die Plattform trage vollständig das Corporate Design der KVN, trete unter dem Namen KVN.akut auf und solle Patientinnen und Patienten weder suggerieren noch erkennen lassen, dass der europaweit umstrittene Versandapothekenkonzern überhaupt beteiligt sei. Entscheidend sei laut KVN ausschließlich die technische und funktionale Eignung. Teleclinic biete die für das Projekt nötige standardisierte Infrastruktur, ermögliche ärztliche Beratung via Video und Telefon, erfülle die Anforderungen an zertifizierte Software und decke die Schnittstellen zu eAU und E-Rezept ab – alles im Sinne eines flexiblen und entlastenden Bereitschaftsdienstes.
Doch diese Argumentation verfängt nicht überall. Apothekerinnen und Apotheker, die DocMorris aus jahrelangen Auseinandersetzungen um Marktanteile, E-Rezept-Steuerung und Versorgungshoheit kennen, sehen die Lage fundamental anders. Wenn der Zugangskanal zur ärztlichen Beratung durch ein Tochterunternehmen eines der zentralen Marktakteure im Arzneimittelversand kontrolliert wird, sei es unerheblich, ob der Name DocMorris im Interface auftauche – die Plattformlogik sei dennoch eingeschrieben. Vertrauen, so der Tenor vieler Apothekerverbände, entstehe nicht durch Branding, sondern durch Transparenz, Unabhängigkeit und faire Strukturen. Dass ausgerechnet eine KV, also ein öffentlich-rechtlicher Träger ärztlicher Selbstverwaltung, ausgerechnet Teleclinic zum Partner wählt, wird als kulturpolitische Bruchstelle empfunden.
Die KVN betont hingegen die Sachlogik der Entscheidung. In einem Vergabeverfahren habe man unterschiedliche Anbieter verglichen – und Teleclinic habe mit Blick auf Sicherheit, Skalierbarkeit und Integration die besten technischen Voraussetzungen geboten. Zudem sei der Zugang für die niedersächsischen Vertragsärztinnen und -ärzte zentral: Die neue Struktur ermögliche Dienste auch von zuhause, erlaube die medienbruchfreie Ausstellung von E-Rezepten und AU-Bescheinigungen, und könne Hausbesuche ersetzen. Der Zugriff auf die Plattform erfolge nur über das KVN-Portal, die Nutzeroberfläche sei KVN-gesteuert.
Auch die finanzielle Debatte blendet die KVN nicht aus. Die Umsetzung von KVN.akut führt zu einer höheren Bereitschaftsdienstumlage – wird aber laut KVN intern getragen und diene der Entlastung der Ärzteschaft. Die Telemedizin sei nur ein kleiner Kostenfaktor, trage aber erheblich zur Reduktion unnötiger Wege bei. Dass Patientinnen und Patienten dadurch häufiger ein E-Rezept erhalten – und dieses meist in Notdienstapotheken einlösen – sei ein Vorteil für die flächendeckende Arzneimittelversorgung, nicht deren Gefährdung.
Die Kernfrage bleibt jedoch unbeantwortet: Ist die Nähe eines Versandriesen zu einer telemedizinischen Plattform mit staatlich legitimierter Aufgabenverantwortung ein rein technisches Detail oder ein strategisches Einfallstor? Die Vergangenheit der Teleclinic lässt zumindest Interpretationen zu: 2020 noch als Startup von Ärzten gegründet, wechselte das Unternehmen unter die Kontrolle von DocMorris – mit klarer Zielrichtung: Patient Journey, digitale Rezeptsteuerung, Plattformökonomie. Dass diese Ziele nun mit öffentlich-rechtlicher Legitimation im Bereitschaftsdienst verschmelzen, sorgt für eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse – nicht auf dem Papier, aber in der Praxis.
Für die Apothekerschaft bedeutet das: wachsam bleiben. Die Plattformneutralität im digitalen Versorgungssystem ist kein Automatismus, sondern ein zu schützendes Gut. Solange wirtschaftlich mächtige Akteure wie DocMorris über Tochtergesellschaften in Gesundheitsstrukturen eingebunden werden – sichtbar oder nicht –, bleibt die Forderung nach regulatorischer Klarheit und struktureller Transparenz virulent. Die Frage ist nicht, ob DocMorris sichtbar wird. Sondern ob das System selbst noch sichtbar unabhängig ist.
Existenz gesichert, Standort gerettet, Gemeinschaft wirkt
Wie die Herz-Apotheke in Sigmaringen durch zähen Einsatz ihre Zukunft sichert, ein Vermieterwechsel beinahe zur Katastrophe geführt hätte und die Umbauphase zur Bewährungsprobe wird
Die Angst war real, die Gefahr konkret, die Zukunft offen – und doch gibt es jetzt ein klares Signal der Erleichterung: Die Herz-Apotheke im Kaufland Sigmaringen wird nicht schließen. Apotheker Dr. Hans-Joachim Hofmann, der seit Jahren mit seinem Team an diesem Standort für pharmazeutische Versorgung, Beratung und Stabilität steht, hatte in den vergangenen Monaten allen Grund zur Sorge. Ein Vermieterwechsel innerhalb des Einkaufszentrums brachte nicht nur neue Vertragsbedingungen, sondern auch Pläne für einen umfassenden Umbau des Centers mit sich. Im Raum stand das faktische Aus – obwohl die Apotheke funktionierte, gebraucht wurde und wirtschaftlich tragfähig war.
Dass es nun doch anders kommt, ist keine Selbstverständlichkeit. Vielmehr ist es das Ergebnis eines gemeinschaftlich organisierten Widerstands, an dem sich nicht nur Hofmann selbst, sondern auch zahlreiche Unterstützerinnen und Unterstützer aus der Bevölkerung, der Politik und der Apothekerschaft beteiligt haben. In einer Zeit, in der vielerorts Apotheken schließen müssen – sei es aus wirtschaftlichen, regulatorischen oder infrastrukturellen Gründen –, zeigt dieser Fall beispielhaft, wie Einsatz, Verhandlungsgeschick und ein gemeinsamer Schulterschluss eine solche Entwicklung zumindest punktuell aufhalten können.
Im konkreten Fall hatte der neue Vermieter zunächst signalisiert, dass die Herz-Apotheke während der für ein Jahr angesetzten Umbauphase keinen Platz mehr im Center haben werde. Die geplante Reorganisation des Innenraums und der temporäre Verlust von Ladenfläche sollten eigentlich zum Ausschluss der Apotheke führen. Für Hofmann bedeutete das nicht nur die Aussicht auf eine Betriebsschließung, sondern auch einen möglichen Verlust seiner Mitarbeiter, die auf verlässliche Beschäftigungsmodelle und eine gesicherte Perspektive angewiesen sind. Hinzu kamen regulatorische Risiken: Ein Standortwechsel oder eine temporäre Betriebsaussetzung bedeutet in der pharmazeutischen Praxis oft erhebliche formale Hürden – von der Apothekenbetriebserlaubnis über die Lagerlogistik bis hin zur Rezeptannahme.
Die Wende kam spät, aber deutlich: Nach intensiven Gesprächen mit dem Vermieter, nach Einsprüchen, Bitten, öffentlicher Unterstützung und wohl auch juristischer Prüfung steht nun fest – die Herz-Apotheke darf während der Umbauphase an ihrem angestammten Platz bleiben. Zwar wird der Betrieb mit logistischen Einschränkungen und baulichen Kompromissen leben müssen, doch die Grundstruktur bleibt erhalten. Hofmann selbst spricht von einem „gemeinsamen Erfolg vieler Hände“, der ohne das „Zusammenwirken von Kommune, Fachöffentlichkeit und engagierten Bürgern“ nicht möglich gewesen wäre.
Diese Begebenheit ist mehr als eine regionale Fußnote. Sie steht exemplarisch für das, was in der öffentlichen Debatte um Apothekensterben und Versorgungslücken oft abstrakt bleibt: Der reale Kampf um einen Standort, das Ringen um Kontinuität, die Herausforderung, sich gegen strukturelle Veränderungen zu behaupten, die andernorts oft unwidersprochen durchgedrückt werden. In einer Branche, die aktuell unter enormem wirtschaftlichem Druck steht, in der immer mehr Betriebe aus der Fläche verschwinden und junge Gründer fehlen, gewinnt jede verhinderte Schließung eine besondere Symbolkraft.
Gleichzeitig wirft der Fall ein Schlaglicht auf eine Schwachstelle im Mietrecht für Apotheken: Anders als bei systemrelevanten Infrastrukturen wie Arztpraxen oder Sozialträgern gibt es bislang keine besonderen Schutzmechanismen für Apotheken, die in Einkaufszentren oder gemischten Immobilienkonzepten angesiedelt sind. Ein Vermieterwechsel kann dann schnell zu einem existenziellen Risiko werden – trotz funktionierender Betriebsführung.
Für die Belegschaft der Herz-Apotheke bedeutet die Entscheidung nun vor allem eins: Stabilität. Für die Patienten im Umfeld bleibt der gewohnte Ankerpunkt erhalten, und für die Kommune ist das Signal klar: Wenn Versorgung gewünscht ist, braucht sie auch strukturelle Sicherheit. Der Fall Sigmaringen zeigt, wie diese hergestellt werden kann – nicht durch Appelle allein, sondern durch Beharrlichkeit, Allianzen und das unbedingte Bestehen auf pharmazeutischer Präsenz.
Versorgungspflicht trifft Kassenlogik, Lieferengpass trifft Patientenkonto, Rabattvertrag trifft Rechtstext
Wann die Krankenkasse Mehrkosten übernimmt, warum Lieferprobleme zum Risiko für Versicherte werden und was der Rahmenvertrag wirklich regelt
Versorgungsengpässe in Apotheken führen nicht nur zu operativen Herausforderungen, sondern zunehmend auch zu finanziellen Belastungen auf Seiten der Versicherten. Besonders dann, wenn ein preisgünstiges Arzneimittel nicht verfügbar ist und die Versorgung abweichend von der Abgaberangfolge mit einem teureren Präparat über dem Festbetrag erfolgen muss. Zwar sieht der Rahmenvertrag in § 11 Absatz 3 eine Entlastung durch die Krankenkasse vor – jedoch ausschließlich dann, wenn ein Rabattvertrag vorliegt und kein entsprechendes Arzneimittel verfügbar ist. In allen anderen Fällen – selbst bei bestehender Zuzahlungsbefreiung – bleibt die Mehrkostenlast beim Patienten.
Das vermeintliche Schutzversprechen der solidarischen Krankenversicherung stößt in diesem Punkt an eine harte Systemgrenze. Der Hintergrund: § 11 legt klar fest, dass rabattierte Arzneimittel vorrangig abzugeben sind. Ist keines dieser Präparate verfügbar, greift Absatz 2 mit der Option zur Abgabe eines wirkstoffgleichen, aber nicht rabattierten Medikaments. Absatz 3 stellt sodann klar: „Ist bei einer Abgabe nach Absatz 2 kein Fertigarzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse […] die Mehrkosten.“ Diese Ausnahme jedoch ist eng gefasst – sie greift nur bei Rabattverträgen, nicht bei freier Wirkstoffabgabe ohne vertragliche Bindung.
Die praktische Konsequenz für Apotheken: Die ordnungsgemäße Dokumentation mit Sonder-PZN und Abrechnungskennzeichen ist zwingend. Patient:innen hingegen sind in vielen Fällen mit unvorhersehbaren Zusatzkosten konfrontiert – selbst dann, wenn das über dem Festbetrag liegende Arzneimittel die einzig verfügbare Therapieoption darstellt. Besonders problematisch ist dies bei chronisch Kranken oder sozial benachteiligten Versicherten, die auf die Zuzahlungsbefreiung vertraut haben.
Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) hatte diesen Zustand bereits 2022 offen kritisiert. In einem Schreiben an die Aufsichtsbehörden, den GKV-Spitzenverband und das Bundesgesundheitsministerium sprach das BAS von einem „Systemversagen“. Denn die Versicherten hätten in dieser Konstellation keine Wahl: Sie müssten ein nicht lieferbares Arzneimittel ersetzen – nicht aus Wunsch, sondern aus Notwendigkeit. Die Krankenkasse verweigere jedoch in vielen Fällen die Kostenübernahme, weil der Rabattvertrag fehle.
Aus Sicht der Apothekenteams wird damit ein strukturelles Versorgungsproblem auf den letzten Gliedern der Kette abgeladen – mit rechtlich präzise begründeter, aber praktisch fragwürdiger Verteilung der Verantwortung. Für die Versorgung bedeutet dies: In Zeiten instabiler Lieferketten müssen Patient:innen nicht nur mit therapeutischen Kompromissen leben, sondern auch mit wirtschaftlicher Unsicherheit rechnen. Die Krankenkassen setzen der Solidarität eine vertragliche Bedingung vor – mit Folgen für das Vertrauen in das System.
Engpass trifft Alltag, Unsicherheit trifft Vertrauen, Entspannung trifft Hoffnung
Wie der Flexpen-Mangel bei Novorapid Versorgungslücken reißt, Apotheken unter Druck setzt und der Hersteller für Ende Juni Entlastung verspricht
Wer in Deutschland auf den Novorapid® Flexpen angewiesen ist, lebt seit Monaten mit einer belastenden Ungewissheit. Seit Februar dieses Jahres reißt der Lieferstrom des beliebten kurzwirksamen Insulinanalogons Insulin aspart, das vor allem bei Typ-1-Diabetikern fester Bestandteil des Alltags ist. Insbesondere der Flexpen – eine Fertigpen-Variante, auf die viele chronisch Erkrankte eingestellt sind – ist aktuell in vielen Regionen nicht oder nur sehr eingeschränkt verfügbar. Für Apothekenteams bedeutet das: Tägliche Gespräche mit betroffenen Patienten, stetige Rückfragen bei Großhändlern, keine verbindlichen Auskünfte über Nachschub. Und für Patientinnen und Patienten: Unsicherheit, ob die nächste Injektion noch wie gewohnt erfolgen kann.
Der dänische Hersteller Novo Nordisk hat den Engpass offiziell bestätigt. Bereits Anfang des Jahres waren erste Hinweise auf reduzierte Auslieferungsmengen durchgesickert, nun ist die Situation vielerorts eskaliert: Apotheken erhalten vom Großhandel keinerlei Ware mehr, selbst Rückbestellungen werden teils ohne neuen Liefertermin abgelehnt. Besonders kritisch: Nicht alle Patienten lassen sich problemlos auf Alternativen umstellen – medizinisch wie psychologisch stellt der Wechsel von einem etablierten Injektionssystem zu einem anderen eine erhebliche Herausforderung dar. Immer mehr diabetologische Schwerpunktpraxen berichten von Therapieirritationen, unnötigen Hospitalisierungen und Rückfragen in Notdiensten.
Dabei trifft der Ausfall des Flexpens ein System, das ohnehin durch Lieferengpässe bei anderen Arzneimitteln stark unter Spannung steht. Die Erfahrungen mit Ozempic®, Trulicity® oder GLP-1-Analoga haben in der Versorgung einen sensiblen Umgang mit Mangelmanagement gefordert – beim Insulin jedoch ist die Dringlichkeit ungleich höher. Insulin ist kein Lifestylepräparat, kein Wunschmedikament, sondern essenziell – für hunderttausende Menschen in Deutschland buchstäblich überlebenswichtig. Jede Dosis zählt.
Novo Nordisk bemüht sich unterdessen um Schadensbegrenzung. Laut aktuellem Stand soll der Engpass Ende Juni 2025 überwunden sein. Eine Sprecherin des Unternehmens erklärte gegenüber Apothekenkreisen, dass die Produktionsprobleme inzwischen behoben seien und man in den kommenden Wochen die Bestände in den europäischen Distributionszentren wieder auffüllen werde. Die betroffenen Flexpen-Varianten sollen demnach „voraussichtlich ab KW 26 wieder durchgängig zur Verfügung stehen“. Dies weckt Hoffnung – nicht nur bei Patienten, sondern auch bei den Apotheken, deren Lager derzeit leergeräumt sind.
Gleichzeitig stellt der Fall Novorapid exemplarisch dar, wie fragil die Lieferketten für lebenswichtige Medikamente inzwischen geworden sind – selbst bei Global Playern wie Novo Nordisk, die eigentlich über stabile Produktionslinien verfügen. Auch die Frage nach politischen Konsequenzen drängt sich auf: Sollten Reservekapazitäten für essenzielle Arzneimittel verpflichtend eingeführt werden? Bedarf es verbindlicher Frühwarnsysteme? Und: Wer schützt vulnerable Gruppen, wenn marktgetriebene Logistik auf Versorgungspflicht trifft?
Im Tagesgeschäft der Apotheken hilft all das derzeit wenig. Die Realität heißt: täglich improvisieren, Geduld einfordern, Vertrauen bewahren. Doch diese Geduld hat Grenzen – denn wenn es um Insulin geht, endet die Toleranz oft dort, wo die nächste Injektion nicht gesichert ist.
GKV erkennt UrgoStart Tül an, Apothekenteams prüfen Rezepte, Wundversorgung gewinnt Struktur
Wie der G-BA mit einem Einzelfallprodukt neue Maßstäbe setzt, was Apotheken jetzt abrechnungstechnisch beachten müssen und warum die Übergangsfrist zur Wundheilungspolitik wird
UrgoStart Tül ist das erste „sonstige Produkt zur Wundbehandlung“, das eine explizite G-BA-Verordnungszulassung für die gesetzliche Krankenversicherung erhalten hat – und genau das verändert das System. Seit dem 5. Juni ist das Produkt bei der Behandlung diabetischer Fußulzera offiziell verordnungsfähig und über das GKV-System abrechnungsfähig. Apothekenteams stehen damit an einem neuen Kreuzungspunkt aus Beratung, Rezeptprüfung und Heilmittelsteuerung – denn die Bedingungen für die Erstattung sind klar geregelt, die Prüfung komplex und die Fristen begrenzt.
Die Zulassung betrifft ausschließlich die Indikation „diabetisches Fußulkus beim Erwachsenen“. Die G-BA-Verordnung definiert, dass eine solche Verordnung nur zulässig ist, wenn zuvor mindestens zwei Wochen lang Verbandmittel gemäß § 53 der Arzneimittel-Richtlinie angewendet wurden – ohne dass eine erkennbare Heilung eintritt. Zusätzlich muss die Wunde nicht infiziert und eine kritische Ischämie ausgeschlossen worden sein. Apotheken müssen diese drei Bedingungen sorgfältig abgleichen, denn die Rezeptprüfung ist hier nicht nur formaler Natur, sondern entscheidet über die Erstattungsfähigkeit.
Hintergrund ist die Aufnahme von UrgoStart Tül in Anlage V der Arzneimittel-Richtlinie, mit der der Gemeinsame Bundesausschuss die Schwelle für neuartige Wundtherapieprodukte bewusst hoch ansetzt. Apotheken geraten damit verstärkt in eine Schnittstellenposition: Sie müssen nicht nur die Produkte abgeben, sondern die medizinisch-regulatorische Angemessenheit der Verordnung mitüberprüfen – bei Unklarheiten ist die Rücksprache mit der ärztlichen Praxis zwingend.
Das Produkt selbst basiert auf der sogenannten Nano-Oligo-Saccharid-Faktor-Matrix (NOSF), einer Technologie, die gezielt die Wundheilung bei chronischen Läsionen stimulieren soll. Es handelt sich um eine flexible, sterile Wundkontaktauflage, die unter der Kategorie der sonstigen Produkte zur Wundbehandlung läuft – einer Kategorie, die bisher keiner systematischen Erstattungslogik unterlag, sondern durch eine Übergangsregelung vorläufig offengehalten wurde. Diese endet am 2. Dezember 2025. Bis dahin dürfen weiterhin auch Altprodukte verordnet werden, die bereits vor dem 2. Dezember 2020 erstattungsfähig waren – unabhängig davon, ob sie im G-BA-gelistet sind. Danach allerdings wird diese Brücke gekappt: Künftig sind GKV-Verordnungen nur noch bei positiv bewerteten und gelisteten Produkten zulässig.
Für UrgoStart Tül gilt die Verordnungsfähigkeit zunächst bis zum 5. Mai 2027 – dann endet das derzeit gültige Zertifikat. Eine Verlängerung hängt vom Hersteller ab, der rechtzeitig ein neues Zertifikat einreichen muss, damit die G-BA-Zulassung weiter Bestand hat. Für die Apotheken bedeutet das: Der Nutzen des Produkts in der Versorgungspraxis ist an regulatorische Fristen geknüpft, die nicht automatisch verlängert werden. Das erfordert neue Aufmerksamkeit beim Umgang mit Rezepturen, Lagerhaltung und Abrechnungslogik.
In der praktischen Versorgung macht sich die neue G-BA-Zulassung bereits bemerkbar. Zum einen durch verstärkte Nachfragen seitens ärztlicher Praxen, die sich auf die neu gewonnene Verordnungsoption stützen. Zum anderen durch ein erhöhtes Informations- und Schulungsbedürfnis aufseiten der Apothekenteams, die im Alltag präzise auf Kontraindikationen, Vortherapiezeiträume und dokumentierte Indikationen achten müssen. Denn bei unzulässiger Verordnung drohen Retaxationen – zumal die Krankenkassen die neue Erstattungsposition engmaschig prüfen werden.
Damit gerät die gesamte Produktkategorie „Sonstige Produkte zur Wundbehandlung“ stärker in den Fokus der Systemlogik. Bisher war sie ein regulatorisches Niemandsland – mit UrgoStart Tül beginnt die Formatierung. Weitere Produkte könnten folgen, doch der Prüfmaßstab ist hoch. Für Hersteller bedeutet das: Nur wer mit validen Studiendaten, klarer Indikationsformulierung und solider Produktcharakteristik antritt, wird künftig im GKV-System bestehen. Für Apotheken beginnt eine neue Phase der fachlichen Rezeptverantwortung – nicht als Ersatz für medizinische Entscheidung, aber als aktives Element der Systemqualität.
Jodmangel gefährdet die Entwicklung, Ernährungspolitik versagt, Anreicherungsstrategie bleibt aus
Warum Deutschland bei der Jodversorgung hinterherhinkt, welche Risiken daraus für Kinder entstehen und wie andere Länder mit verbindlicher Jodierung vorangehen
Deutschland verzeichnet seit Jahren eine stille, doch medizinisch folgenreiche Rückentwicklung in der Jodversorgung – mit bedenklichen Konsequenzen für Schwangerschaft, Stillzeit und die kindliche Entwicklung. Obwohl die Relevanz einer adäquaten Jodzufuhr für die Produktion von Schilddrüsenhormonen in der Frühentwicklung unbestritten ist, bleibt die deutsche Präventionspolitik auffallend zögerlich. Neue internationale Vergleichsstudien aus Großbritannien und Kanada zeigen, wie deutlich die Bundesrepublik zurückliegt – sowohl in der flächendeckenden Nahrungsmitteljodierung als auch in der gesundheitspolitischen Priorisierung der Jodversorgung vulnerabler Gruppen.
Prof. Dr. Thomas Remer vom Arbeitskreis Jodmangel (AKJ) betont, dass insbesondere werdende und stillende Mütter ohne gezielte Supplementierung nicht in der Lage seien, eine bedarfsgerechte Jodzufuhr sicherzustellen. Die seit Jahren schwelende Unterversorgung habe sich in der Vergangenheit weiter verschärft – wenngleich sich der Abwärtstrend laut neueren Daten zuletzt stabilisiert habe. Doch Entwarnung sei das keineswegs: 47 Prozent der 18- bis 29-jährigen und fast 40 Prozent der 30- bis 39-jährigen Frauen gelten laut RKI-Daten weiterhin als jodmangelgefährdet. Der aktuelle Status quo beschreibt keine Verbesserung, sondern eine latente Gefährdung, die bislang kaum regulativ beantwortet wurde.
Während Kanada mit einer obligatorischen Jodanreicherung von Speisesalz auf 76,5 Mikrogramm pro Gramm und einer standardisierten Supplementationsstrategie bei Schwangeren nahezu vollständige Versorgungssicherheit schafft, bleibt Deutschland mit freiwilligen 20 Mikrogramm pro Gramm weit unter dem internationalen Standard. In der kanadischen Studie konnten bei 99 Prozent der werdenden Mütter ausreichende Jodwerte festgestellt werden – auch dank einer flächendeckenden pränatalen Supplementation.
Die parallele Studie aus Großbritannien veranschaulicht hingegen die realen Risiken unzureichender Versorgung: Mütter wiesen dort eine tägliche Jodzufuhr von lediglich 140 Mikrogramm auf – rund 100 Mikrogramm unterhalb der WHO-Empfehlung. Für ihre Säuglinge ergibt sich daraus eine potenzielle Mangelversorgung mit unklaren Entwicklungsfolgen. Die Studienautoren weisen darauf hin, dass veränderte Ernährungsgewohnheiten – wie pflanzenbetonte Kost und der Verzicht auf Kuhmilch – den Jodkonsum zusätzlich dämpfen.
In Deutschland spiegelt sich diese Entwicklung ebenfalls im Konsumverhalten: Fisch, Milch und Joghurt – klassische Jodquellen – werden immer seltener konsumiert, pflanzliche Alternativen enthalten in der Regel kein zugesetztes Jod. Der AKJ fordert deshalb, auch Milch- und Fleischersatzprodukte verpflichtend mit Jod anzureichern. Eine Erweiterung des bestehenden Speisesalzjodierungsprogramms könnte kurzfristig helfen, strukturelle Unterversorgung zu mildern – doch selbst diese Maßnahme bleibt bislang politisch unbeantwortet.
Remer kritisiert die Passivität deutscher Gesundheitspolitik scharf: „Es ist unverständlich, warum trotz der klaren Datenlage keine gesetzliche Anhebung der Jodierungsgrade erfolgt. Andere Länder handeln längst, Deutschland zaudert.“ Dabei sei die Anhebung des Jodgehalts in Speisesalz auf internationales Niveau ein ebenso pragmatischer wie kosteneffizienter Schritt.
Der eigentliche Skandal liegt in der strukturellen Unentschlossenheit – einem Mix aus fehlender gesetzlicher Verpflichtung, unzureichender Kommunikation und der weitgehenden Delegation der Verantwortung an individuelle Supplementierungsentscheidungen. Schwangere und Stillende sind damit allein gelassen – mit möglicherweise irreversiblen Folgen für die kindliche Gesundheit.
Therapie erfordert Kontinuität, Hygiene braucht System, Umfeld muss mitbehandelt werden
Wie Anthelminthika, Verhaltensregeln und Familienintervention die Madenwurminfektion bei Kindern wirksam eindämmen
Madenwurminfektionen zählen zu den häufigsten parasitären Erkrankungen im Kindesalter, werden jedoch in ihrer medizinischen und gesellschaftlichen Relevanz oft unterschätzt. Rund 15 bis 20 Prozent aller Kinder in Deutschland machen im Laufe ihrer Kindheit eine Infektion mit Enterobius vermicularis durch – mit deutlichen Belastungen für Alltag, Schlafrhythmus und Infektionsschutz in Familien, Kitas und Schulen. Dabei steht für die pharmakologische Therapie mit Pyrviniumembonat oder Mebendazol ein wirksames Repertoire zur Verfügung. Entscheidend für eine dauerhafte Eradikation ist jedoch, dass über die Einzeldosis hinausgedacht wird – und dass Apotheken, Eltern und Kindergärten gemeinsam in einem hygienisch stabilen System handeln.
In der Praxis zeigt sich, dass eine Einmalbehandlung häufig nicht ausreicht, da die Infektion meist nicht isoliert beim betroffenen Kind auftritt, sondern eine stille Ketteninfektion im engen sozialen Umfeld abbildet. Der hohe Rekontaminationsgrad – bedingt durch orale Schmierinfektion über kontaminierte Finger, Wäsche, Spielzeug oder Textilien – macht die Behandlung zu einer systemischen Herausforderung. Deswegen empfehlen Fachgesellschaften zusätzlich zur medikamentösen Therapie eine Wiederholungsdosis nach zwei Wochen sowie umfangreiche Hygienemaßnahmen im gesamten häuslichen Umfeld.
Apotheken sind dabei oft die erste Anlaufstelle für verunsicherte Eltern – und übernehmen eine Schlüsselrolle im Vermitteln der pragmatischen Wirklichkeit: dass Anthelminthika nur dann langfristig erfolgreich sind, wenn Händehygiene, täglicher Wäschewechsel, Nägelschneiden, gemeinsames Bettenwaschen und geregelte Rückfallbeobachtung in einem durchdachten Alltagsregime integriert sind. Die Beratungsleistung der Apotheken sollte deshalb nicht auf Dosierungsangaben beschränkt bleiben, sondern aktiv auf flankierende Maßnahmen und familiäre Mitbehandlung verweisen.
Hinzu kommt: Viele Eltern schrecken aus Scham oder Irrtum vor einer Mitbehandlung symptomfreier Geschwister zurück – dabei ist genau das essenziell. Nur wenn alle Kontaktpersonen gleichzeitig behandelt werden, kann der Infektionszyklus tatsächlich unterbrochen werden. Auch Kindergärten und Schulen müssen eingebunden werden, um die Informations- und Hygienekaskade nicht an der Haustür enden zu lassen. Für Apotheker bedeutet das, mit diplomatischem Fingerspitzengefühl auf das Umfeld einzuwirken – ohne Stigmatisierung, aber mit klarer Risikoansprache.
Ein unterschätzter Aspekt bleibt der chronische Verlauf bei unzureichender Therapie. Wird eine Infektion nicht konsequent behandelt, können sich die Beschwerden – etwa analer Juckreiz, Schlafstörungen, Nervosität oder Bauchschmerzen – über Wochen halten. In seltenen Fällen droht auch eine Vaginalbesiedlung bei Mädchen oder eine bakterielle Superinfektion. Hier zeigt sich, wie wichtig die niedrigschwellige, klare Kommunikation über Schamgrenzen hinweg ist – nicht nur beim Arztbesuch, sondern besonders auch in der wohnortnahen Beratung durch Apothekerinnen und Apotheker.
Auch digital müssen Informationswege gestärkt werden. Plattformen wie Kindergesundheit.de oder Elternportale können über Risiken, Behandlungsoptionen und Hygieneregeln aufklären – doch die entscheidende Brücke bleibt das persönliche Beratungsgespräch. Gerade weil sich viele Eltern im digitalen Raum falsch oder lückenhaft informieren, ist die fachlich sichere, aber empathische Aufklärung durch Apothekenpersonal entscheidend.
Der Therapieerfolg bei Madenwurminfektionen hängt nicht allein vom Präparat, sondern vor allem von der sozialen Steuerungsfähigkeit im Alltag ab. Das bedeutet für Apotheker eine mehrdimensionale Herausforderung – als Erklärer, Hygienelotse und familiärer Kommunikationsanker in einem. Einzeldosen helfen, aber nur Systemwechsel heilen.
Kalorien reduzieren, Stimmung destabilisieren, mentale Gesundheit riskieren
Warum restriktive Diäten depressive Symptome verstärken können und was das für Beratung und Prävention bedeutet
Immer mehr Menschen in Deutschland streben nach einem gesünderen, schlankeren oder leistungsfähigeren Körper – und setzen dabei auf Diäten, die eine reduzierte Kalorienzufuhr versprechen. Was als Weg zu mehr Kontrolle, Gesundheit oder Selbstoptimierung erscheint, kann allerdings eine bislang unterschätzte Schattenseite haben: negative Effekte auf die psychische Gesundheit. Denn eine neue, groß angelegte Querschnittsanalyse kanadischer Forscher zeigt nun einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen kalorischer Restriktion und dem Auftreten depressiver Symptome. Die Studie basiert auf Daten von 28.525 Erwachsenen und verknüpft detaillierte Ernährungsfragebögen mit standardisierten Angaben zur psychischen Verfassung. Im Fokus steht dabei der PHQ-9 – ein international validierter Fragebogen zur Erfassung von depressiven Symptomen, der unter anderem Traurigkeit, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen und Appetitveränderungen abfragt.
Das Ergebnis: Menschen, die dauerhaft ihre Kalorienzufuhr einschränken – ob zur Gewichtsreduktion, aus ideologischen Gründen oder im Rahmen modischer Ernährungstrends – berichten signifikant häufiger über depressive Symptome. Der Zusammenhang blieb auch dann bestehen, wenn demografische, sozioökonomische und gesundheitliche Kovariablen kontrolliert wurden – etwa Alter, Einkommen, Geschlecht, BMI, Bildungsniveau oder körperliche Aktivität. Die Daten zeigen eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung: Je restriktiver die Kalorienaufnahme, desto höher die gemessene Depressivität. Die Autoren der Studie warnen daher vor einer unkritischen Verherrlichung kalorienarmer Ernährungskonzepte – insbesondere dann, wenn diese nicht unter professioneller Aufsicht oder ohne psychologische Begleitung durchgeführt werden.
Die Studie wirft ein neues Licht auf die komplexe Wechselwirkung zwischen Ernährung und Psyche – ein Forschungsfeld, das in den vergangenen Jahren zwar stärker beachtet wurde, in der öffentlichen Gesundheitskommunikation aber oft noch unterbelichtet ist. Während die Rolle von Mikronährstoffen, etwa Omega-3-Fettsäuren oder B-Vitaminen, für die neuronale Gesundheit längst anerkannt ist, wurde die schlichte Kalorienmenge bislang selten als psychischer Risikofaktor thematisiert. Dabei ist der neurobiologische Mechanismus plausibel: Ein zu niedriges Kalorienniveau kann die Ausschüttung wichtiger Neurotransmitter wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin beeinträchtigen. Diese Botenstoffe regulieren nicht nur Stimmung und Antrieb, sondern sind zentral für kognitive Leistungsfähigkeit und Stressresilienz. Auch die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse – das Hauptsystem der körpereigenen Stressantwort – reagiert sensibel auf Energieverfügbarkeit. Chronischer Kalorienmangel kann somit wie ein Stressor wirken und emotionale Stabilität untergraben.
Zudem sind kalorienarme Diäten nicht selten mit kognitiver Kontrolle, sozialem Rückzug, Appetitunterdrückung und Verhaltensrigidität verbunden – Muster, die auch im Rahmen psychischer Störungen wie der Anorexia nervosa auftreten. Zwar liegt bei der Mehrheit der kalorienbewusst Essenden keine Essstörung vor, doch zeigt sich: Je rigider die Kontrolle, desto höher das Risiko psychischer Nebenwirkungen. Gerade in einer Gesellschaft, in der Körperoptimierung und Ernährungskontrolle als Tugenden gelten, wird übersehen, dass nicht jedes Diätverhalten gesund ist – selbst dann nicht, wenn es „funktioniert“.
Hinzu kommt: Wer bereits zu depressiven Verstimmungen neigt, könnte besonders anfällig sein für restriktive Ernährungskonzepte – etwa als Versuch, Kontrolle über das eigene Leben zurückzugewinnen oder Schuldgefühle durch „gutes“ Verhalten zu kompensieren. In solchen Fällen kann sich eine gefährliche Spirale entwickeln: Die Diät führt nicht zur erwünschten emotionalen Verbesserung, sondern verstärkt das Leiden, was wiederum zu noch mehr Kontrolle und noch weniger Kalorien führt. Psycholog:innen sprechen hier von einer „maladaptiven Bewältigungsstrategie“, also einem Verhalten, das zwar kurzfristig Erleichterung verspricht, langfristig jedoch schadet.
Besonders besorgniserregend: Der Effekt der Kalorienrestriktion war auch in Untergruppen signifikant, die ansonsten als „gesund“ gelten – etwa junge Erwachsene mit Normalgewicht, Nichtraucher:innen oder Menschen mit regelmäßigem Sportverhalten. Das zeigt: Auch wer äußerlich alle Gesundheitskriterien erfüllt, kann innerlich unter Druck geraten, wenn die Energieversorgung nicht zum psychischen Bedarf passt.
Für Apotheken, Hausarztpraxen und Ernährungsfachkräfte ergibt sich daraus ein klarer Handlungsauftrag: Diäten dürfen nicht allein nach metabolischen Kennzahlen oder BMI-Ergebnissen bewertet werden. Auch die psychische Verträglichkeit muss zur Routineabfrage werden. Beratung sollte daher immer auch nach Stimmung, Motivation, emotionalem Essverhalten und sozialen Kontexten fragen. Besonders wichtig ist die Unterscheidung zwischen bewusster, aber flexibler Ernährung und rigider, zwanghafter Kalorienreduktion. Letztere ist nicht nur ineffektiv, sondern potenziell schädlich – vor allem dann, wenn sie über längere Zeit aufrechterhalten wird.
Für die öffentliche Gesundheitskommunikation bedeutet die Studie einen Wendepunkt. Es reicht nicht mehr, Diäten pauschal zu empfehlen oder auf Kalorienreduktion als goldenen Weg zu Gesundheit hinzuweisen. Stattdessen braucht es differenzierte Botschaften, die sowohl körperliche als auch seelische Risiken benennen – und individuelle Unterschiede berücksichtigen. Was für den einen eine gesunde Umstellung ist, kann für die andere zur psychischen Belastung werden. Das gilt umso mehr in Zeiten, in denen Ernährung zum Identitätsmarker geworden ist: Vegan, Low Carb, Intervallfasten – die Auswahl ist groß, der gesellschaftliche Druck subtil, die psychischen Folgen oft unerkannt.
Langfristig müssen Präventionsstrategien angepasst werden. Diätprogramme sollten psychologisch flankiert werden, Gesundheitskampagnen auch emotionale Resilienz adressieren, und die Forschung muss weiter klären, welche individuellen Voraussetzungen bestimmen, ob Kalorienreduktion vertragen wird – oder nicht. Denn klar ist: Ernährung wirkt nicht nur auf den Körper, sondern formt auch unser Denken, Fühlen und Handeln. Sie ist kein rein mechanischer Vorgang, sondern ein hochkomplexes biopsychosoziales Geschehen.
Die kanadische Querschnittsanalyse liefert damit mehr als nur einen epidemiologischen Befund – sie legt den Finger in eine wunde Stelle moderner Gesundheitsrhetorik: Die Vorstellung, dass weniger immer besser sei, ist nicht haltbar. Kalorienrestriktion mag medizinisch indiziert sein – etwa bei Adipositas oder Diabetes –, doch ihre psychische Verträglichkeit ist kein Selbstläufer. Gesundheitsverhalten muss ganzheitlich gedacht werden. Denn eine schlanke Silhouette nützt wenig, wenn sie mit innerer Leere bezahlt wird.
Vitamin D schützt den Darm, beeinflusst Entzündungen, verbessert Überlebenschancen
Wie gezielte Supplementierung das Krebsrisiko senken, die Darmbarriere stabilisieren und immunologische Prozesse modulieren kann
Vitamin D ist weit mehr als ein klassisches Knochenvitamin – es rückt zunehmend in den Fokus onkologischer Forschung und Prävention. Eine internationale Analyse mit über 1,3 Millionen Probandendaten belegt nun eindrücklich, dass ein gut versorgter Vitamin-D-Haushalt das Risiko für kolorektale Karzinome deutlich senken kann. Dabei zeigt sich: Nicht nur die Häufigkeit, sondern auch der Verlauf und die Überlebenschancen werden vom Vitamin-D-Status beeinflusst – vorausgesetzt, der Spiegel ist ausreichend hoch und das Immunsystem intakt genug, um die antientzündliche Wirkung des Calcitriols zu nutzen. Besonders ausgeprägt scheint der Schutzeffekt bei Personen mit nachgewiesenem Mangel oder chronisch entzündlichen Grunderkrankungen zu sein. Die Autoren der Meta-Auswertung, federführend von der Semmelweis Universität Budapest koordiniert, verweisen dabei auf immunologisch fundierte Wirkmechanismen: Calcitriol – die aktive Form von Vitamin D – hemmt nicht nur proinflammatorische Zytokine wie Interleukin-6 oder TNF-alpha, sondern unterdrückt auch die Wnt/β-Catenin-Signalkaskade, die bei Darmkrebs besonders aktiv ist. Gleichzeitig wird die Apoptose in entarteten Zellen gefördert und die Integrität der Darmbarriere gestärkt – ein Effekt, der durch die Modulation des Mikrobioms zusätzlich unterstützt wird. Hier verändert Vitamin D nachweislich die Zusammensetzung zugunsten nützlicher Bakterienstämme, was wiederum antiinflammatorisch wirkt und potenziell karzinogene Prozesse hemmen kann.
In Zahlen bedeutet das: Das Erkrankungsrisiko war in Fall-Kontroll-Studien bei hohem Vitamin-D-Spiegel um bis zu 39 Prozent reduziert, in Kohorten immerhin um rund 20 Prozent. Die Epic-Studie weist zudem eine um 30 Prozent niedrigere Mortalität bei gut versorgten Patienten aus, während in der japanischen Kohorte ab einem Schwellenwert von 30 ng/mL ein signifikant besseres Fünfjahresüberleben dokumentiert wurde. Auch Interventionsdaten legen eine Wirkung nahe: In der randomisierten Sunshine-Studie verlängerte sich das progressionsfreie Überleben metastasierter Darmkrebspatienten bei täglicher Gabe von 4000 IE Vitamin D um zwei Monate. Eine Meta-Analyse von Interventionsdaten ergab zudem: Jede Steigerung der täglichen Zufuhr um 100 IE war mit einem um 4 Prozent geringeren Erkrankungsrisiko assoziiert – unabhängig von Alter oder Geschlecht.
Trotz dieser eindeutigen Signale betonen die Autoren, dass es sich vielfach um Beobachtungsdaten handelt – also um Assoziationen ohne finalen Kausalitätsbeweis. Die Studienlage bleibt uneinheitlich, und in Bevölkerungsgruppen ohne Mangel ist ein gesicherter Nutzen nicht nachgewiesen. Die Forschungsgruppe rät daher zur gezielten Supplementierung, insbesondere für Risikogruppen mit eingeschränkter endogener Syntheseleistung: Dazu zählen ältere Menschen, Personen mit dunkler Hautfarbe, chronisch Kranke, aber auch jene mit geringer Sonnenexposition – sei es durch Lebensstil, geografische Lage oder medizinische Empfehlungen zum UV-Schutz. Eine generelle Empfehlung zur breiten Supplementierung sprechen die Forschenden jedoch nicht aus.
Die in der Fachzeitschrift Nutrients veröffentlichte Arbeit liefert dennoch ein starkes Argument für eine differenzierte, präventionsorientierte Diskussion über Vitamin D in der Onkologie. Statt pauschaler Empfehlungen könnte ein individualisierter Ansatz sinnvoll sein, der Risikoprofile, Lebensumstände und Versorgungslage gezielt berücksichtigt. Angesichts der dramatischen Fallzahlen beim kolorektalen Karzinom – es ist weltweit eine der häufigsten Todesursachen durch Krebs – wird der Ruf nach integrierten Präventionsstrategien lauter. Vitamin D könnte in diesem Zusammenhang ein wichtiger, bislang unterschätzter Baustein sein.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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